PUBLIKATIONEN ÖSTERREICH

Liebe Leserin, lieber Leser,

willkommen zu Ihrem E-Reader des Falstaff Magazins! Ihre persönlichen Zugangsdaten haben Sie per Post bekommen. Klicken Sie bitte oben rechts auf "LOGIN" und geben Sie Ihren Usernamen und Ihr Passwort dort ein.

Anschließend wählen Sie bitte unterhalb der aktuellen Ausgabe aus den Reitern Ihre Sammlung, für die Sie ein Abo besitzen. Darin finden Sie die Ausgabe, die Sie lesen möchten.

Wenn Sie ein gültiges Abo für die gewählte Ausgabe besitzen, können Sie im E-Reader das vollständige Magazin lesen. Haben Sie für eine Ausgabe kein gültiges Abo, werden die Seiten ab Seite 20 nur verschwommen dargestellt.

Viel Spaß beim Genuss Ihrer digitalen Falstaff-Ausgabe!

Ihr Falstaff Team

Aufrufe
vor 2 Jahren

Rezepte Special Österreich 01/2023

  • Text
  • Falstaff
  • Falstaffmagazin
  • Cookig
  • Recipes
  • Kochen
  • Rezepte
  • Wein
  • Gourmet
  • Weingut
  • Restaurant
  • Restaurantguide
  • Weinguide
  • Lifestyle
  • Weinbau
  • Kvjbs

ezepte / SEVERIN CORTIS

ezepte / SEVERIN CORTIS HEIMATLIEBE MEERESFISCH FÜR ALPENTÄLER Falstaff-Rezepte-Chefredakteur SEVERIN CORTI Weil demnächst Fastenzeit ist und der Fischkonsum des Alpenlandes damit ebenso plötzlich wie kurzfristig ansteigen wird: Was ist eigentlich aus der Tradition geworden, nach althergebrachter Art konservierten Meeresfisch in die Alltagsküche Österreichs zu integrieren? Eine Spurensuche zwischen Tiroler Stockfischgröstl, jugendlichen Russen und fein gewürzten Ölsardinen unter besonderer Berücksichtigung von frischen Austern und anderen Mollusken – und warum sie kaum noch serviert werden. Hofrat Ludwig Karpath war ein bedeutender Musikkritiker und Opernsänger im Wien der 1920er-Jahre, ein berüchtigter Gourmet war er aber auch. Richard Strauss etwa widmete seinem Freund kaum zufällig das Ballett »Schlagobers«. Als Feinschmecker ist Karpath bis heute ein Begriff. So brachte der Metroverlag vor einigen Jahren seine autobiografische Rezeptsammlung »Kalbsschnitzel Casa Mahler« heraus. Der Hofrat verewigt darin eine ganze Reihe von Rezepten, die er als Gast in den großbürgerlichen Salons des Wiens der Zwischenkriegszeit den Köchinnen und Köchen der jeweiligen Häuser abzuschwätzen wusste. Warum das heute noch von Interesse ist? Weil Karpath damit ein Zeitdokument geschaffen hat, das zeigt, wie sehr sich die Essgewohnheiten der Wiener seit dem großen Krieg verändert haben – und nicht unbedingt an Weltläufigkeit gewonnen haben. Natürlich hat Karpath auch Rezepte für Karpfen blau und Zander vom Rost in seiner Sammlung, mindestens ebenso viele aber für Seezunge Meunière oder Hummer Newburg. Heute zählen wir Österreicher zu jenen Europäern, die EU-weit am wenigsten Fisch und Meeresfrüchte konsumieren, weniger noch als etwa unsere Nachbarn in der Slowakei. Natürlich ist Frischfisch, ob aus Aquakultur oder erst recht aus Wildfang, bei uns geradezu prohibitiv kostspielig. Nur: Wenn kaum Fisch verkauft wird, ist die Logistik, ihn frisch an die Frau und den Mann zu bringen, umso kostspieliger. Wenn wir wieder mehr Fisch äßen, würde er unweigerlich leistbarer. Es gehört seit Jahrzehnten zum guten Ton, heimischen Kindern Panik vor Fischgräten einzutrichtern. Dass sich dann auch kaum ein Erwachsener drübertraut, ganzen Fisch zuzubereiten – geschweige denn seine Kinder zu lustvollem Konsum zu erziehen, ist leider ebenso fatal wie widersinnig: Es gibt kaum ein feinfühligeres Organ als die Zunge. Statt unseren Kindern die Angst vor Gräten eintrichtern, wäre es vielleicht zielführender, die Unkultur Austern jenseits der Alpen? Ist in unseren Breiten spätestens seit den Römern gang und gäbe! Schließlich reisen Austern ex trem gut, weil sie das Meer (als kleinen Schluck) bereits in sich eingeschlossen haben. des Schlingens und In-sich-Hineinschaufelns erzieherisch anzugehen. Wer seinem Essen mit Bedacht und Hingabe begegnet, muss vor Gräten keine Angst haben. Aber Kabeljau und Kalmar, Steinbutt und Makrele sind doch nicht regional? Das heißt es gerne. Und tatsächlich lassen unsere nationalen Grenzen den Schluss zu, dass der Fisch und die Frucht aus dem Meer in unseren Küchen nur fehl am Platz sein können. Früher, vor etwas mehr als 100 Jahren, ja, da wäre das kein Problem gewesen. Moment mal. Wir sind doch Europäer, deren Identität sich nicht mehr durch nationale Grenzen – und speziell so willkürlich gezogene wie die unseren – diktieren lassen muss, was sie im Eigentlichen ausmacht? Ist nationales Denken und alles, was es impliziert, nicht das exakte Gegenteil von regionalem Bewusstsein? Regionalität schließt Nationalität geradezu aus, das gilt für die Weine der slowenischen Štajerska und der österreichischen Südsteiermark ganz genauso wie für die Weißwurstkultur der Salz­ Fotos: Johannes Kernmayer, beigestellt 90 falstaff

Illustration: Clara Böhler burger und Bayern, die Schlutzkrapfen der Nord- und Südtiroler, die Ganslverrücktheit der Westungarn und Burgenländer. Und unendlich viel mehr. Wir Österreicher können uns als Nation ja nicht einmal darauf einigen, was die korrekten Beilagen eines Wiener Schnitzels sind, richtig? Aber zurück zum Fisch, zum Meer, zu uns. Gern wird ja argumentiert, dass es uns eh nicht an Fisch mangle bei all dem köstlichen Wasser in unseren Flüssen und Seen. Tja. Wild gewachsenen Fisch können die nur in homöopathischer Dosis dem nationalen (!) Nahrungsbedarf beisteuern. Aber was ist mit all unseren Forellen, Saiblingen, Welsen und anderen Edelfischen aus Aquakultur? Die werden doch als regionale Lebensmittel erster Ordnung gepriesen – und ergo als besonders geeignet für verantwortungsvollen Genuss? Ist nur leider kaum mehr als eine große Augenauswischerei: Schließlich sind all die edel gezüchteten Fische aus heimischen Teichen und Tanks, die in der Gastronomie als total regional und super nachhaltig angepriesen werden, oft bedauernswerte Kreaturen, die in engen Tanks und Teichen mit Futter gemästet werden, das zum Großteil aus Fischmehl und Dingen wie Sojaprotein (auch dieses fast ausschließlich aus nicht nationaler Quelle) besteht. Und das Fischmehl? Wird aus Wildfang aus dem Meer hergestellt. So kommt es zur absurden Situation, dass es in der österreichischen Gastronomie kaum noch Meeresfisch gibt (weil »nicht regional«), dafür aber jede Menge »heimischen« Fisch, der mit Fischmehl und Soja gemästet wurde. Der Fisch darf also, damit er als regional gilt, exakt das essen, was dem Gast verwehrt bleibt – eben aus Gründen der Regionalität. Aber auch abseits von Frischfisch gibt es Traditionen, die einst dafür sorgten, dass in Österreich mehr Fisch als heute auf den Tisch kommt – und nicht nur am Freitag. Ältere Tirolerinnen und Tiroler erinnern sich noch an die Zeit, als es im heiligen Land nicht nur das allgegenwärtige Gröstl mit allerhand Fleisch- und Bratenresten als Nationalspeise gab. Sondern auch Stockfischgröstl. Stockfisch, das sind die im trockenen Klima der Lofoten seit Urzeiten luftgetrockneten Kabeljauseiten, erfreut sich von Italien (»stoccafisso«) bis Portugal (»bacalhau«), von Südfrankreich (»l’estocafic«) bis Schweden (»lutfisk«) ununterbrochener Beliebtheit. Vor nicht so langer Zeit war er auch bei uns eine bis in tiefe Alpentäler willkommene und weitverbreitete Bereicherung der eintönigen Kost. Er kam via Venedig und Südtirol (wo es bis heute Stockfischgröstl gibt) in die Täler. Ziller- und Ötztaler, aber auch Innsbrucker in zusehends ehrwürdigem Alter erinnern sich noch daran. Stockfisch hält so gut wie ewig, ist aber ebenso wertvoll wie leicht verdaulich – und in einer Vielzahl köstlicher Gerichte einsetzbar. Dennoch ist er heute vom Speisezettel diesseits der Alpen so gut wie verschwunden. Etwas besser ergeht es dem Hering, der, in Essig oder Salz eingelegt, eine ebenso kostengünstige wie köstliche Form der reisefähigen Meeresfreude darstellt. Als Russe kennt man ihn bei uns, wenn er besonders jung gefangen und im Ganzen (ausgenommen und ohne Kopf!) in Essig-Würzmarinade eingelegt wird. Er gilt als besonders knackig, vor den Gräten muss sich auch niemand fürchten – die lösen sich in der Essigsäure auf. Bismarckheringe sind fast dasselbe, nur eben filetiert und von größeren Fischen. Beide gibt es im Handel, man muss nur lange nach Exemplaren suchen, bei denen die Marinade nicht wegen ein paar luckerter Cent pro Großfamilienportion mit Süßstoff statt mit Zucker gesüßt wurde. Fündig wird man, wenn überhaupt, nur noch im Fachhandel, etwa bei Eishken Estate oder Fisch Gruber am Naschmarkt. Besser sieht es bei Matjes aus. Diese besonders fetten, besonders köstlichen jungen Heringe werden nach holländischer Tradition gleich nach dem Fang gekehlt, in Salz eingelegt und so für die Reise in meerferne Länder konditioniert. Um garantiert parasitenfrei zu sein, werden sie schockgefroren und sind so das ganze Jahr über erhältlich. Dennoch: Die ganz frischen Matjes, auf die man sich jedes Jahr Anfang Juni freuen kann, sind, wenn sie frisch aus dem Fass und handgerissen (also der Mittelgräte entledigt) sind, ein unvergleichlicher Genuss. In Wien sind sie bei Billa plus am Hohen Markt und beim Graben-Meinl zu haben. Ganz zum Schluss – aber umso wichtiger – sei noch auf eine buchstäblich antike Form des Genusses meeresfrischer Delika tessen auch diesseits der Alpen hingewiesen. Dass Austern und andere Muscheln die Fähigkeit haben, das Meer in sich aufzunehmen und auch längere Reisen (zumindest bei kühler Witterung) dergestalt zu überstehen, wussten schon die alten Römer. Nicht anders ist zu erklären, dass bei römischen Ausgrabungen in Linz große Mengen an Austernschalen gefunden wurden. Die Römer wussten, was wir fast verlernt haben: dass Austern ein höchst nachhaltiges Lebensmittel aus dem Meer sind, das wie gemacht ist, auch lange Reisen in allerbester Frische zu überstehen. Genau das also, was unsereins vom Meer abgeschnittene Genießer in rauen Mengen zu uns nehmen sollten! < AUSTERN: Herausragende Utah Beach No. 2 aus der Bretagne hat Gerald König in der Servitengasse 6, 1090 Wien MATJES: Am besten frisch aus dem Fass ab Anfang Juni bei Billa plus am Hohen Markt oder Meinl am Graben STOCKFISCH: Auf Bestellung bei Eishken Estate, Großgrünmarkt Inzersdorf falstaff 91

FALSTAFF ÖSTERREICH