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Falstaff Weinguide Österreich/Südtirol 2021/2022

JAHRGANG 2019 EINLEITUNG

JAHRGANG 2019 EINLEITUNG ren immer mehr gefürchteten Spätfröste ausgeblieben. Die Blüte fand rund zwei Wochen später statt als im Vorjahr, was einen normalen Start ins Weinjahr bedeutete. Schon im Juni war es heiß, die Temperaturen kletterten über die 30°-Celsius-Marke. Das führte in der Folge zu Trockenstress, speziell im Burgenland und im Kremser Raum blieben Niederschläge aus. Die trockene und heiße Witterung war auch der Grund dafür, dass 2019 in ganz Österreich sehr gesundes Traubenmaterial zur Verfügung stand, da diese Trockenheit keinerlei Pilzkrankheiten aufkommen ließ. Die sehr hohen Temperaturen zur Blütezeit führten jedoch in manchen Gebieten und Weingärten zu einer Verrieselung der Trauben und damit zu einer Mengenreduktion. Gegen Ende Juli aufkommende, teils heftige Niederschläge sorgten im Weinbau für Entwarnung bei der Wasserversorgung, allerdings waren regional Hagelschäden zu verzeichnen. Der Sommer verlief sehr warm, aber ohne Temperaturspitzen, die Ernte begann zwar etwas früher als gewohnt, aber mit perfekt gereiften Trauben. Das ausgezeichnete Lesewetter erlaubte es den Winzern, den Zeitpunkt à la carte zu wählen, erst am Österreichischen Nationalfeiertag Ende Oktober war der wirklich prächtige Altweibersommer zu Ende, und feuchtkaltes Wetter setzte ein. Besser hätten Spätsommer und Herbst kaum verlaufen können. WEISSWEINE MIT ELEGANZ UND FINESSE Für sämtliche Weißweinsorten sind eine animierende Frische und ein strahlend klares Fruchtspiel prägend, zu dem sich überdies eine für ein derart warmes Jahr durchaus markante Säurestruktur gesellt. Bereits im frühen Stadium waren den Weißweinen dementsprechend eine selten anzutreffende Eleganz und Harmonie zu eigen. Die niederösterreichische Leitsorte Grüner Veltliner fiel so sortentypisch und multidimensional aus wie schon lange nicht – zur charakteristischen tabakigen Würze kamen in diesem Jahr ausgeprägte Fruchtaromen hinzu, die auch schon den leichteren Varianten viel Spannkraft und Ausdruck verliehen. Die Rieslinge sind saftig und fruchttief geraten, und dies bei durchaus rassigem Säuregerüst. Nahezu Gleiches lässt sich von den burgenländischen Appellationen behaupten, wo fest strukturierte wie aromatisch ausgereifte Weißburgunder und Chardonnays gekeltert wurden. Zudem ist der Alkoholgehalt im Vergleich zu manchen Vorjahren eher moderat. Auch die steirischen Winzer erfreuten sich an einem ausgezeichneten Weinjahr, in dem sich die Weine frühzeitig in einem perfekten Gleichgewicht befanden. Ihre gerühmten Sauvignons und Muskateller begeistern mit Fruchtreichtum, ohne in irgendeiner Weise aufdringlich oder einseitig zu erscheinen. ROTWEINE MIT STRUKTUR UND POTENZIAL Die Rotweine aus 2019 fielen durchwegs farb tief, ausgesprochen dicht und extraktreich aus, wobei sich auch Säure- und Tanningehalt auf einem markanten Niveau befanden. Alles in allem sind ebenso strukturierte wie standfeste Rotweine voll Tiefgang und Vielschichtigkeit entstanden, die an große Rotweinjahre à la 2011, 2015 und 2017 nahtlos anschließen. Dies gilt quer durch alle Rotweinzentren wie Rebsorten, wobei schon zu bemerken ist, dass der Klimawandel speziell Sorten wie Cabernet und Syrah entgegenkommt, die früher in Österreich manchmal nur schwer die Vollreife erreichten. Aber auch Blaufränkisch, Zweigelt und St. Laurent wurden durch hohe Reife bei völlig intaktem Gesundheitszustand naturgemäß begünstigt, sodass ausgewogene Gewächse voll Saft und Kraft entstanden. SÜSSE MANGELWARE Als Jahr der edelsüßen Spezialitäten konnte 2019 schon aufgrund der fehlenden Qualität nicht eingehen. Im Seewinkel durfte man sehr feine Botrytisweine erwarten, Ruster Ausbruch konnte es hingegen aufgrund massiven Vogelfraßes durch Starschwärme kaum geben. Starke Nachtfröste blieben bis auf wenige Nächte komplett aus, nur vereinzelt konnten gefrorene Trauben für Eiswein eingebracht werden. Insgesamt war also von einer mengenmäßig geringen Süßweinernte auszugehen. Man kann sich aber an einer breiten Auswahl aus vorangegangenen Jahren erfreuen, und ganz ehrlich, ein bisschen Reife tut den süßen Spezialitäten bekanntlich sehr gut. Es war also angerichtet in Österreichs Weinkellern, und schon bei den ersten Jungweinverkostungen im Frühjahr sollte sich zeigen, dass die heimischen Spitzenwinzer die Zeichen richtig interpretiert haben. Und diese zeigten natürlich eindeutig in die Richtung: 2019, ein Jahrhundertjahrgang. www.weingut-heinrich.at www.rotweinelang.at 60 falstaff Weinguide Österreich 2021/22 www.prickler.at 61