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spirits / ABSINTH August

spirits / ABSINTH August 1905 im Dorf Commugny am Ufer des Genfersees: Der Rebbergarbeiter Jean Lanfray wurde soeben verhaftet, weil er im betrunkenen Rausch seine schwangere Frau und zwei Töchter erschossen hatte. Neben literweise Wein und Brandy hatte der Alkoholiker auch zwei Gläser Absinth getrunken – laut seinem Anwalt der Grund für den Wahn, der zur brutalen Tat führte. Trotz dieser Verteidigungsstrategie wurde er wenig später als Mörder verurteilt. Diese tragische Geschichte sollte weitreichende Konsequenzen haben: Sie erschütterte die Schweiz und ihre Nachbarländer und führte zu einem knapp 100-jährigen Verbot der Absinth-Herstellung. Schon damals wurde im Val-de-Travers seit rund 150 Jahren Absinth gebrannt. Das malerische Tal liegt im Neuenburger Jura und ist auch heute noch das Zentrum der Schweizer Absinth-Industrie. Die wichtigste Zutat ist das Kraut Echter Wermut (Artemisia absinthum), das seit Jahrtausenden als Heilpflanze eingesetzt wird. Bereits Pythagoras und Hippokrates schätzten es und empfahlen seinen Einsatz unter anderem Louche-Effekt: Nicht wasserlösliche ätherische Öle bilden unter Wasserzugabe kleine Tröpfchen, weswegen der Absinth milchig erscheint. bei Wehenschmerzen und Rheumatismus. Über die Jahrtausende hinweg wurde Wermut zur Heilung verschiedener weiterer Leiden eingesetzt – von Malaria über Magenverstimmungen bis zu Wurmbefall. Eingenommen wurde das potente und sehr bittere Heilkraut manchmal in Form von Tee, vor allem aber als Tinktur oder vermischt mit Wein – so entstand übrigens auch der Aperitif Wermut. Die Tinkturen hießen bei den Griechen »Absinthion«, davon wurde später das Wort »Absinth« abgeleitet. SCHWEIZER ORIGINAL Auch Absinth wurde ursprünglich als Medikament entwickelt. Er ist ein Kräutergeist: Für seine Herstellung wird Wermut zusammen mit anderen Kräutern in Reinalkohol eingelegt, das Gemisch wird dann nochmals destilliert. So kommen die wertvollen ätherischen Öle in den Absinth, nicht aber seine ausgeprägten Bitterstoffe. Neben Wermut enthält er noch weitere Kräuter wie Anis, Ysop und Zitronenmelisse. Diese werden Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war Absinth das Trendgetränk der Pariser Boheme. meist zum Schluss nochmals in den bereits fertigen Kräutergeist eingelegt. Sie geben nicht nur ihre Aromen und Wirkstoffe ab, sondern auch ihre grüne Farbe – so kam Absinth zu seinem Spitznamen »die grüne Fee«. Beim weißen Absinth wird auf diesen letzten Schritt verzichtet. Wie genau es zur Erfindung des Absinths im Val-de-Travers kam, ist heute umstritten. Es waren aber wohl zwei Personen daran beteiligt: der vor politischer Verfolgung in Frankreich geflohene Arzt Dr. Pierre Ordinaire und die lokale Heilerin Henriette Henriod. Zeitgenössischen Quellen zufolge verabreichte Ordinaire seinen Patienten ein »Élixir d’Absinthe«. Die Frage, ob er dieses erfunden oder lediglich ein Rezept von Henriod abgeändert hatte, scheidet die Geister. Es ist aber erwiesen, dass sowohl die Henriods als auch Dr. Ordinaire Absinth destillierten, wobei Henriod das Rezept für ihr Elixir 1797 an einen Major Dubied ver- DER KRÄUTERGEIST ABSINTH WURDE URSPRÜNGLICH ALS MEDIKAMENT ENTWICKELT. Fotos: Bridgeman Art Library / picturedesk.com, Shutterstock, StockFood / Addictive Stock Neben Alkohol ist die wichtigste Absinth- Zutat das Wermutkraut. 50 falstaff

AB MITTE DES 19. JAHRUNDERTS ENTDECKTEN AUCH KÜNSTLER DAS BERAUSCHENDE GETRÄNK. kaufte. Dieser eröffnete zusammen mit seinem Sohn Marcellin und seinem Schwiegersohn Henri-Louis Pernod eine Absinth-Destillerie im Städtchen Couvet. Dank ihres großen Erfolgs beschlossen sie 1805, einen Produktionsstandort unter dem Namen »Maison Pernod Fils« im französischen Pontarlier zu eröffnen – 1975 wurde daraus nach dem Zusammenschluss mit dem Pastis-Produzenten Ricard der berühmte Spirituosenkonzern Pernod Ricard. In den nächsten hundert Jahren eroberte Absinth die Welt, machte sich aber auch viele Feinde. Heute wird der mit Absinth beträufelte Zuckerwürfel manchmal angezündet und dann mit Wasser abgelöscht. Dabei sollte man Vorsicht walten lassen. INSPIRATION UND WAHNSINN Der Grundstein für den großen Erfolg des Kräutergeists legte das französische Militär, als es 1830 Algerien besetzte. Wegen mangelndem Trinkwasser und schlechten hygienischen Bedingungen in den Militärlagern breiteten sich ständig Krankheiten unter den Soldaten aus, als Gegenmittel wurde ihnen Absinth verabreicht. Nach Ende des Kriegs hatten sich die Heimkehrer an ihre tägliche Absinth-Ration gewöhnt und tranken diese auch zu Hause in Frankreich weiter. Besonders beliebt war Absinth als Aperitif, so sehr, dass Absinth in der Zeit zwischen 17 und 19 Uhr »l’heure verte«, die grüne Stunde, genannt wurde. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten auch Künstler das berauschende Getränk. Es hatte sich inzwischen herumgesprochen, dass man, wenn man genug Absinth tränke, anfange zu halluzinieren. Außerdem war das Getränk mit einem Alkoholgehalt von 50 bis 70 Volumenprozent äußerst ergiebig – man bestellte einen Absinth und verdünnte ihn mit etwas Wasser. Davon hatte man mehr als von einem Glas Wein oder Wermut. Zur »l’heure verte« gehörte ein besonderes Ritual: Man legte einen gelochten Absinthlöffel mit einem Stück Zucker aufs Glas und ließ aus einem großen, mit Wasserhähnen versehenen < falstaff 51

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