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Falstaff Special Sparkling 2021

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sparkling / ENGLAND Das Wachstum ist bemerkenswert: Die Rebfläche Großbritanniens hat sich in den letzten zehn Jahren auf 3800 Hektar verdreifacht und ist allein in den letzten fünf Jahren um 70 Prozent angestiegen. Genau bedeutet das, dass in diesem Zeitraum etwa 8,7 Millionen Rebstöcke gepflanzt wurden. Die junge Weinindustrie ist im Aufschwung, es wird weiterhin fleißig gepflanzt. DER SCHLÜSSELMOMENT Englands Weinindustrie ist in der Tat jung, denn der wirkliche Startschuss fiel vor gerade einmal 33 Jahren. Man schrieb das Jahr 1988, als zwei Amerikaner, Sandy und Stuart Moss, auf ihrem Nyetimber Estate in West Sussex erstmals Chardonnay- und Pinot-Noir-Reben setzten, und zwar mit dem ausdrücklichen Ziel, Schaumwein zu erzeugen. Vor diesem Zeitpunkt führte der englische Weinbau ein Nischendasein. Er basierte zumeist auf früh reifenden Rebsorten wie Seyval Blanc und Madeleine Angevine, die in diesem eher kühlen Klima zwar reifen konnten, aber keine wirklich überzeugenden Weine hervorbrachten. Am Markt konnten sie sich kaum als ernsthafte Weine etablieren. Das Ziel, Schaumwein zu erzeugen, war jedoch der entscheidende Wendepunkt. Es war der Ausgang für eine neue Industrie, die heute unglaublich dynamisch ist. KLASSISCHE REBSORTEN Derzeit gibt es rund 800 Weinberge und 178 Weingüter, die sich in den südlichen Grafschaften Kent, Sussex, Surrey und Hampshire konzentrieren, obwohl es auch Weinberge im Westen Englands gibt, insbesondere in Cornwall, ebenso wie in East Anglia und noch weiter nördlich. Und wenngleich sich der englische Weinverband in Wine GB umtaufte, muss man betonen, dass sich 98 Prozent der Rebflächen in England befinden – mit ein paar vereinzelten Rebstöcken in Wales, Schottland und auf den Kanalinseln. Ganz im Zeichen des Schaumweins handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit der Neupflan­ Der Direktor des Exton-Park- Weinguts, Fred Langdale, und der Leiter des Weingartens, Ben Adams, beweisen, wie dominant und tief die Kalkböden hier sind. DER KALK HIER IST URSPRÜNGLICH UND UNVERSÖHNLICH. ER ENTZIEHT DEN REBEN ALLES NÖTIGE UND SCHRÄNKT SIE IN IHRER VITALITÄT EIN. DERMOT SUGRUE WINZER Die Winzer Cherie Spriggs und Brad Greatrix vom Weingut Nyetimber’s. Ihr hauseigener Bus tourt von London in Richtung Süden. zungen um Chardonnay und Pinot Noir – mit ein wenig Pinot Meunier – die klassischen Schaumweinsorten also. Und laut Statistik wurden aus 72 Prozent der 2019-er Ernte Schaumweine gekeltert. Wenn es ehemals zu kalt für stille Weißweine aus früh reifenden Sorten war, ist es dem Klimawandel zu verdanken, dass das kühle, aber milde Klima Südenglands sich so ausgezeichnet für Schaumweine eignet. Es bringt rassige Frische und natürliche Leichtigkeit in die Weine, die geradezu für das lange Hefelager der klassischen Flaschengärung prädestiniert sind. DER RICHTIGE FLECK Es gibt noch einen weiteren triftigen Grund für Schaumweinproduktion: Kreideböden. In einigen Gegenden Südenglands gibt es dieselbe Kreide wie an der Côte des Blancs der Champagne. Diese Kreide macht den Reben das Wachstum nicht leicht, resultiert aber in erstaunlich ausdrucksstarker Frucht: »Die Kreide hier ist rau und unversöhnlich. Sie lässt die Reben hungern und kämpfen, schränkt ihre Vitalität ein, macht ihnen in entscheidenden Momenten zu schaffen und fordert den Winzer immer wieder heraus«, sagt Dermot Sugrue, Kellermeister bei Wiston und auf seinem eigenen Weingut Sugrue South Downs. »Oftmals sind sie von Chloroseschäden betroffen, die das satte Grün fahl und blass werden lassen, aber die Trauben reagieren darauf: Sie sind dicht gepackt, mineralisch aufgeladen und von aromatischer Intensität, Reinheit und Frische.« Doch wie Sugrue betont, bringen auch Grünsandund Lehmböden gute Trauben hervor: »Grünsand nährt und umschmeichelt blättriges, gesundes Wachstum, fördert Fruchtbarkeit und einen leichteren Ausdruck der Traube«, stellt Sugrue fest. Eine geschützte Lage ist ebenfalls von größter Wichtigkeit: nicht nur, wenn die Früchte Photos: The Electric Eye Photography, Nyetimber, Charlie Clift/Gusbourne25 40 falstaff

Frisch gesetzte Weinreben bekommen hier besonders viel Aufmerksamkeit reifen, sondern schon viel früher, während der Blüte, damit sich genügend Fruchtstände überhaupt erst bilden. Die Erträge in England sind relativ gering, und Spätfröste im Frühjahr sind eine wirkliche Gefahr. Jeder Sonnenstrahl zählt, bis die Weine im Oktober gelesen werden. Mark Driver, Eigentümer und Gründer von Rathfinny Estate in Sussex, weiß, dass die Nähe zum Meer seine Reben vor späten Frühjahrsfrösten schützt, während die ständige Brise an den kreidigen Hängen die Trauben gesund hält und damit einen idealen Grundwein für feinen Schaumwein ergibt: »Wir lassen die Trauben in der Regel über 100 Tage nach der Blüte am Rebstock hängen. Sie erreichen somit ihre phenolische Reife bei einem relativ niedrigen potenziellen Alkoholgehalt von 10,5 Prozent und hoher Säure. Dies verleiht den Weinen eine wunderbare Spannung.« EINE INDUSTRIE WIRD ERWACHSEN Anfangs waren alle englischen Schaumweine, die auf den Markt kamen, Jahrgangsweine. Die Erträge waren schlichtweg zu gering und der Kapitaldruck für die neuen Weingüter im Schaumweingeschäft zu hoch, um Reserveweine zurückzuhalten. Es dauert Jahre, bis ein neu gepflanzter Rebstock Früchte trägt, und es dauert weitere Jahre, bis die Schaumweine der traditionellen Methode auf ihrer Hefe reifen, bevor sie degorgiert werden und auf den Markt kommen – das benötigt langen finanziellen Atem. Ab den 2010er-Jahren begannen jedoch einige Weingüter damit, Reserven aufzubauen und ganz nach dem etablierten Champagnermodell verschiedene Jahrgänge zu kombinieren um Non-Vintage-Weine zu machen. Einige taten dies, um der Marktnachfrage gerecht zu werden, andere, um ihren Weinen mehr Ausgewogenheit zu geben. Mittlerweile, DER SPRUNG ÜBER DEN ÄRMELKANAL Das Potenzial der südenglischen Grafschaften ist auch den französischen Nachbarn jenseits des Ärmelkanals nicht entgangen: Champagne Pommery pflanzte 2014 den Pinglestone Vineyard in Hampshire und brachte 2018 den ersten englischen Schaumwein Louis Pommery heraus. Taittinger gründete 2017 die Domaine Evremond in Kent. Zahlreiche Weinkellereien haben ebenfalls Kellermeister und Önologen aus der Champagne eingestellt. nach einem weiteren Jahrzehnt, sind die stilistische Bandbreite und die Qualität der Weine hervorragend. Zur Jahrtausendwende war englischer Schaumwein eine Kuriosität, heute ist er auf jeder halbwegs anständigen Weinkarte in London zu finden. Es gibt nichts, was es nicht gibt – bei wunderbar zahmen Dosagewerten. Langes Hefelager macht den Unterschied. Da sind absolut überzeugende Schaumweine aus Einzellagen, lebendige Roséweine, die die herbe, helle Frucht des englischen Sommers zu transportieren scheinen, cremige Blancs de Noir, die mit jedem Jahr auf der Hefe noch besser werden, und salzige, tiefgründige Blancs de Blancs, die ihre englische Herkunft perfekt ausdrücken. In der Tat ist der Blanc de Blancs ein Stil, der in England hervorragend gedeiht. Die Französin Corinne Seely, Kellermeisterin auf dem Weingut Exton Park in Hampshire, die in Bordeaux, Portugal und Tasmanien Weine gemacht hat, sagt: »Der Charakter des Chardonnays in England hat mich schon immer fasziniert. Er ist anders als sonst wo auf der Welt: heller, länger, geradliniger, und er hat viel Persönlichkeit.« Kein Wunder, dass im Jahr 2021 in England rund 1,4 Millionen Rebstöcke gepflanzt wurden. Was im Glas sprudelt, ist offenbar überzeugend. < falstaff 41

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