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Falstaff Special 22/2019 Burgenland

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urgenland / GÄNSEMARSCH

urgenland / GÄNSEMARSCH WIE DIE .. GANS ZURUCK INS BURGENLAND KAM Die Gänsezucht hatte im Burgenland eine jahrhundertealte Tradition – bis das Federvieh in den 1960ern verschwand. Ein Winzer und ein Gemüsebauer brachten die Gans wieder zurück. TEXT TOBIAS MÜLLER 40 falstaff

Wie so vieles im Burgenland, verdankt man auch die Rückkehr der Weidegans dem Wein. Genauer gesagt: 96 Flaschen Umathum, Ried Hallebühl, Jahrgang 1997. Josef Umathum, Winzer in Frauenkirchen, versteigerte die Flaschen von seiner besten Lage zugunsten seines Freundes Erich Stekovics. Die Versteigerung brachte knapp 180.000 Schilling ein, die Stekovics in 400 Maulbeerbäume investierte. Seine Idee: Die Bäume sollten – zusammen mit alten Streuobstbäumen auf Stekovics’ Grund – Futter für eine Herde frei lebender, artgerecht gehaltener Weidegänse liefern. Statt in engen Stallungen sollten die Tiere ihr Leben auf den Streuobstwiesen verbringen, nach Lust und Laune grasen, baden, durch die Gegend marschieren – und am Ende ganz köstlich schmecken. »Schon die ersten Zuchtversuche haben gezeigt, dass Gänse, die so aufwachsen, besonders schmackhafte Braten liefern und dass dies der richtige Weg war«, sagt Josef Umathum. Dass Stekovics ausgerechnet auf die Gans setzte, ist kein Zufall: Historisch betrachtet sollte das Burgenland nämlich viel eher Gänseland heißen. Es ist noch gar nicht so lange her, da lebten hier deutlich mehr Gänse als Menschen. »Bei uns in Frauenkirchen haben Anfang des 20. Jahrhunderts etwa 4000 Menschen gelebt und 20.000 Gänse«, sagt Stekovics. Die Geschichte der Gans beginnt freilich schon viel früher: In der Donaumonarchie genoss sie ein hohes Ansehen, immerhin konnte eine einzige Gans damals eine ganze Familie ernähren. Als 1921 das Burgenland als jüngstes Bundesland zu Österreich kam, wurde der heilige Martin (316/317–397 n. Chr.) zum Landespatron erkoren, der – so die Mär – sich dereinst in einem Gänsestall versteckt hatte, um der Bischofswürde zu entgehen. Dumm gelaufen, denn sein Versteck flog durch das Geschnatter der Gänse auf. Seit 1925 wird der Landespatron immer am 11. November gefeiert – stilecht beim Martinigansl-Essen. Unter dem Namen »Gans Burgenland« gibt es alljährlich insgesamt acht Genuss-Festivals im ganzen Land (Rust, Bad Tatzmannsdorf, Bad Sauerbrunn, Pamhagen, Oggau, Podersdorf, Markt Sankt Martin, Sankt Martin an der Raab), die Marke »Gans Burgenland« vereint zudem diverse Termine rund um Gans und Wein bis in den Dezember. GANS FESTLICH Noch in den 1950er-Jahren wimmelte es nur so von Gänsen, es gab im Burgenland nahezu kein Haus, in dem das Federvieh nicht geschnattert hätte. In der Früh wurden sie herausgelassen, dann gingen sie von selbst auf die Weiden und zu den Lacken. Am Abend kehrte dann jede Gans in das Haus zurück, in das sie gehörte. Schließlich findet das Tier in dem östlichsten Bundesland Österreichs all das, was es zum Glücklichsein braucht: Sandböden und viele Sonnentage. Gehalten wurden sie weniger für ihr Fleisch – dafür wachsen Gänse zu langsam und fressen zu viel – als vielmehr für ihre Federn: Die Daunen wurden gewinnbringend vor allem nach Wien verkauft, wo sie in Kissen und Bettdecken landeten. Erst die einsetzende Massentierhaltung und industrielle Gänsezucht, vor allem in Osteuropa, bereitete dem Gänsetreiben (fast) ein Ende. Die Gans hatte immer schon einen hohen Preis. In den 1980ern verkaufte die Familie Tschida, Gänsehalter in Apetlon im Seewinkel, eine Gans um tausend Schilling, umgerechnet also siebzig Euro (ohne Inflation). In Ungarn hingegen ist das Gänsestopfen erlaubt, ebendort wird der Preis über die Fettlebern lukriert, denn für sie erhält der Bauer gut und gerne 70 Euro. »Da bekommt ein Bauer für die Leber allein siebzig Euro. Um was er den Rest des Schlachtkörpers verkauft, ist fast egal.« Zudem werden die Tiere meist in riesigen Herden und ganz und gar nicht tierfreundlich gehalten. Das Projekt Burgenländische Weidegans war in vielerlei Hinsicht ein Erfolg – Gans und Burgenland sind mittlerweile eng verbunden: Dem Vogel ist ein mehrtägiges Kulinarik-Festival in Rust gewidmet. Jedes Jahr im November pilgern Tausende Menschen in die burgenländischen Dörfer, um beim Martiniloben nicht nur den neuen Wein zu verkosten – und zu loben –, sondern auch jede Menge gebratener Gänse zu verspeisen. Zwar kommen bei Weitem nicht alle dieser Tiere aus dem Burgenland, aber immerhin weiden rund 3000 Gänse wieder regelmäßig auf den Wiesen des Landes. Und in Eisenberg wurde 2012 für sie sogar ein eigener Geflügelschlachthof errichtet, damit der Transport so kurz wie möglich ausfällt. »Im Südburgenland, wo es wenige Arbeitsplätze gibt, ist die Weidegans-Haltung oft eine gute Möglichkeit für Bauern, etwas dazuzuverdienen«, sagt Siegfried Marth, Gänsezüchter in Hagensdorf und Sprecher der Gruppe Weidegans Burgenland. »Die Gänse sind für das Burgenland genauso wichtig wie die Kühe für eine Alm.« Ganz günstig ist die Haltung des schnatternden Federviehs jedoch nicht: Um ein Kilo an Gewicht zuzulegen, muss das Tier neun Kilo Futter fressen. Dazu kommen noch die Betreuung und Tierarztkosten. »Für eine gute Gans», ist Erich Stekovics überzeugt, »musst du mindestens vierzig Euro zahlen. Alles andere ist kein ehrliches Produkt.« < Foto: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com »Schon die ersten Zuchtversuche haben gezeigt, dass Gänse, die so aufwachsen, besonders schmackhafte Braten liefern und dass das der richtige Weg war.« JOSEF UMATHUM Winzer in Frauenkirchen, Burgenland falstaff 41

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