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Falstaff Magazin Österreich Nr. 6/2022

wein / WEINREISE

wein / WEINREISE SANCERRE & POUILLY < mals von der Obermosel über Südengland bis in die Touraine erstreckte. Ähnlich wie in Chablis und in der Champagne ist also auch die Gegend von Sancerre geprägt von kreidig-kalkigem Untergrund mit vielen Fossilien. Zwei Formationen wetteifern dabei um die Krone des besten Weinbergbodens: die »Caillottes« aus verwittertem Kalkstein und die »Terres Blanches« mit ihrem so typischen Kalkmergel, der die Weinberge auch im Winter aus der Entfernung wie verschneit aussehen lässt. Der Name einer der berühmtesten Terres-Blanches-Lagen, Monts Damnés (»verdammte Berge«), deutet darauf hin, dass nicht jeder Bauer die Beschaffenheit der Landschaft gleichermaßen schätzte. Wer einmal versucht hat, die Anzahl der Steine auf einem Quadratmeter Rebfläche zu zählen, wird verstehen, weshalb der Anbau von Getreide wenig Freude bereiten würde. Andererseits war die Kargheit der Böden sozusagen Geburtshelfer für die wichtigste kulinarische Spezialität der Region, den Ziegenkäse Crottin de Chavignol. Ziegen, für eine Stallhaltung ungeeignet, lieben die Zwei kulturelle Botschafter aus dem französischen Zentrum: die Kathedrale Saint-Etienne in Bourges (oben) und der Ziegenkäse Crottin de Chavignol (im Kreis). Das Gästehaus »Prieuré Saint Agnan« ist eine eigene kleine Welt. DER ZIEGENKÄSE CROTTIN DE CHAVIGNOL – EINE SPEZIALITÄT AUS SANCERRE –PASST HERVORRAGEND ZUM SAUVIGNON BLANC. mageren, steinigen und kräuteraffinen Böden. Und der Sauvignon Blanc wiederum liebt den Crottin de Chavignol. EINZIGARTIGE AROMEN Auf der anderen Seite der Loire hat Pouilly mit der AOC Pouilly-Fumé (fumé = geräuchert) nicht umsonst das Rauchige in den Weinen hervorgehoben. Angeblich käme der Rauchton von den vielen Feuersteinen im Untergrund. Wahrscheinlicher aber ist, dass der hohe natürliche Eisengehalt des Bodens seinen Teil zum Geschmacksprofil beiträgt. So einmalig sich die Weinlandschaft mit ihren pittoresken Dörfern ausnimmt, ein touristisches Highlight, das den Guides drei Sterne wert wäre, ist in Sancerre und Pouilly direkt nicht zu finden. Einige Kilometer flussaufwärts liegt dafür das alte Städtchen La Charité-sur- Loire. Die romanische Basilika Notre-Dame auf dem Jakobsweg ist seit gut 20 Jahren als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes anerkannt. Ohnehin lohnt der Ort einen Besuch, beherbergt er doch in den Altstadtstraßen eine große Zahl von Antiquariaten. Winzer der Region hingegen empfehlen oft die schlicht betitelte Weinhandlung Le Vin. In Richtung Südwesten erreicht man von Sancerre in einer Dreiviertelstunde Bourges, den altehrwürdigen Hauptort des Départements Cher. Hier locken nicht nur die Überbleibsel aus römischer Zeit, sondern vor allem die gotische Kathedrale Saint-Etienne, der ebenfalls gotische Palais Jacques- Coeur und etliche schmucke Fachwerkhäuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Ist man eine Weile in der Gegend um Sancerre herum unterwegs gewesen, kommt einem das aus der Ebene aufsteigende Bourges mit Markthalle, Ampeln und Parkhäusern verblüffend großstädtisch vor. Das allerdings mag mit dem Entwöhnungseffekt zusammenhängen: Selbst in Mecklenburg-Vorpommern ist die Bevölkerungsdichte doppelt so hoch wie hier im Herzen Frankreichs, in der Heimat des Sauvignon Blancs. < Fotos: Shutterstock, beigestellt 64 falstaff aug 2022

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