Falstaff Magazin Österreich Nr. 2/2022

wein / KOSTBARES BURGUND

wein / KOSTBARES BURGUND BURGUND VERSTEHEN – EIN KLEINER LEITFADEN Das Burgund bietet nicht nur viele der weltweit besten Weine, es verlangt auch gewisse Grundkenntnisse – nicht von ungefähr gilt die Region ob ihrer Komplexität vielen Weinfreunden als önologisches Minenfeld. Aber wer das kleine Einmaleins des Burgund beherrscht, dem winkt hier großes Trinkvergnügen. TEXT PETER MOSER WER DELIKATESSE UND FINESSE BEI WEISS- WIE BEI ROTWEIN SCHÄTZT, DER IST IM BURGUND GOLDRICHTIG. Eigentlich ist alles ganz einfach: zwei Farben, zwei Sorten. Chardonnay und Pinot Noir bestimmen das Geschehen, andere Sorten wie Aligoté, Sauvignon Blanc oder Gamay sind nur Randerscheinungen im Burgund. Ausgebaut werden die Weine in kleinen Holzfässern, je nach Güte in neuen oder bereits gebrauchten. Die heißen hier nicht Barrique, sondern Pièce und fassen 228 Liter, nicht wie in Bordeaux »nur« 225 Liter. Ein Begriff symbolisiert das Weinbaugebiet Burgund mit seinen vielen unterschiedlichen Appellationen und unzähligen Einzellagen jedoch klar wie kein anderer: Terroir. Dahinter verbirgt sich die ganz spezielle Beschaffenheit eines Weinbergs, seiner naturgegebenen Geologie, seines Kleinklimas und der vom Menschen bestimmten Komponenten wie Wahl der Rebsorten und Behandlung der Weingärten. Die berühmten Das Tor zum Glück: die Traumlage Clos des Lambray in Morey-Saint- Denis in der Côte de Nuits. Foto: StockFood / Tre Torri 26 falstaff apr 2022

historischen Lagen wie Chambertin, Clos de Bèze oder Saint-Vivant blicken auf eine uralte Tradition zurück – hier steht die Wiege des europäischen Weinbaus. Es waren die Mönche des Burgunds, die von hier aus nicht nur den katholischen Glauben, sondern auch das Wissen um die Kunst des Weinmachens und die Wahl der besten Standorte für die Rebe weit über die Grenzen Frankreichs hinaustrugen. Bis heute klingt dieses Geschenk in den Namen edler Sorten wie Weißburgunder, Blauburgunder oder wie in der ungarischen Sprache Szürkebarát (»Grauer Mönch«), der auf den Habit der Klosterbrüder verweist, nach. DIE ANBAUREGIONEN Als Weine des Burgund fasst man heute Produkte aus fünf Großzonen zusammen: Chablis mit seinen eleganten Chardonnays, Côte d’Or und die nördlich von Beaune gelegene Côte de Nuits mit tollen Rotweinen und die faszinierenden Weißweine der Côte de Beaune. Im Süden folgen Côte Chalonnaise und Mâconnais, wo wärmeres Klima für stoffigere und reifere Stile sorgt. Die Hierarchie der Weingärten wird durch das Klassement der einzelnen Lagen festgesetzt. Dieses bestimmt auch den Grundpreis der Weine. Das Prestige des Winzers, der meist in sehr kleinen Mengen eine große Zahl von unterschiedlichen Lagenweinen erzeugt, ist dann der Multiplikator für den Endpreis und macht das Burgund heute zur mit Abstand teuersten Herkunft von Spitzenweinen. Die Basis bilden die generischen Weine in Rot und Weiß, die als Appellation die Bezeichnung Bourgogne AOC tragen. Kommt ein Wein aus einer Ortsgemarkung, so trägt er den Namen des Dorfes und wird als »Village« bezeichnet. In den Gemeinden sind dann einzelne sehr gute Lagen als Premier Cru definiert, darüber steht noch eine Handvoll von Grands Crus – oft nur winzige Weinlagen – mit mythischem Ruf und astronomischen Preisen. Letztere nehmen nur rund ein Prozent der burgundischen Rebfläche ein. CHÂTEAU, DOMAINE, MAISON? Die Domaine ist das Synonym für Weingut. Sie bewirtschaftet Lagen, die im Eigenbesitz stehen. Viele Domaines haben aber weitere wertvolle Weingärten oft sehr langfristig gepachtet. Da manche der Winzer gleichzeitig auch Händler sind und teilweise Weine aus der gleichen Appellation vermarkten, ist es wichtig, zu unterscheiden, ob ein Wein etwa von der »Domaine Leflaive« (also dem Weingut) oder vom »Maison Leflaive« (dem Handelshaus) kommt – der Gutswein ist immer der teurere und in der Regel auch bessere Wein. Und während in Bordeaux fast jeder Betrieb als Château bezeichnet wird – egal, ob dort tatsächlich ein Schloss steht oder nur eine Garage –, wird dieser Begriff im Burgund eher selten verwendet. Und zwar immer nur dann, wenn es sich wirklich um einen alten Adelssitz mit Schloss handelt, zum Beispiel Château de Puligny, Château de Meursault oder Château de Pommard. Der Weinhandel spielt < apr 2022 falstaff 27