Falstaff Magazin Österreich Nr. 1/2023

wein / SO WIRD DER

wein / SO WIRD DER JAHRGANG 2022 SPANIEN Historisch frühe Ernte Spanien ist bekannt für heiße Sommer – 2022 allerdings schlug alle Rekorde. Der Monat Juli zeigte die höchste je gemessene Durchschnittstemperatur seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1961: Mit 26,6 Grad Celsius waren das rund 2,7 Grad mehr als in einem Durchschnittsjahr. Der Juli war in Spanien aber nicht nur heiß, sondern auch der trockenste Monat in den vergangenen 15 Jahren. Logisch, dass dies auch für die Weinkulturen einschneidende Folgen hatte. In verschiedenen Regionen begann die Ernte historisch früh. In Teilen Kataloniens rückten die Ernteteams bereits am 27. Juli aus, in der Sherryregion am 28. Juli und in der nördlich gelegenen D.O. Rueda am 17. August – allesamt Rekorde. Auch legendäre Tempranillo-Regionen wie Rioja oder Ribera del Duero vermeldeten einen extrem frühen Erntestart sowie Probleme mit Trockenstress und damit verbunden auch mit der Traubenqualität. Überraschendes ist aus der Region Toro zu vernehmen, in der ebenfalls Tempranillo dominiert. Lucas Löwi, Weingutsdirektor der zu LVMH gehörenden Bodega Numanthia, vermeldete nach der Ernte gute Erträge und herausragende Qualitäten bei den mit wurzelechten Reben bestockten alten Rebanlagen. Die Resultate der Ernte 2022 waren also alles andere als homogen, was auch die Statistiken beweisen. Rund 9,1 Prozent weniger als im Vorjahr wurden landesweit geerntet, verglichen mit dem Fünf-Jahres-Mittel lag die Erntemenge gar um 13,1 Prozent tiefer. Zu den größten Verlierern gehören Katalonien und Andalusien mit fast 20 Prozent Einbußen, zu den Gewinnern etwa Extremadura und Navarra, die ihre Erntemengen im Vergleich zum Vorjahr um rund 15 Prozent steigern konnten. Verschiedene spanische Erzeuger im ganzen Land ließen nach der Ernte verlauten, dass die Mengen zwar eingeschränkt, die Qualitäten aber durchaus zufriedenstellend seien. Mit gutem Weinbergsmanagement und dem richtigen Erntezeitpunkt konnten überhöhte Alkoholgrade größtenteils vermieden werden. An Frische mangelt es den Jungweinen aus Regionen wie Rioja oder Ribera del Duero demnach nicht. Allgemein scheint sich die spanische Weinwelt auf die veränderten Anbaubedingungen einzustellen. Neben dem alten Rebbestand, der mit der Hitze besser zurechtzukommen scheint, wird auch viel in die Forschung investiert, es werden beispielsweise später reifende Sorten und Klone identifiziert und vermehrt angepflanzt. PORTUGAL Brütende Hitze, frühe Ernte Seit Jahren vermelden die portugiesischen Winzer ein Fortschreiten der Trockenheit in Zusammenhang mit dem Klimawandel und damit verbundene neue Herausforderungen im Weinbau. Auch die Vegetationsperiode 2022 war da keine Ausnahme. Bei der Wetterstation der zur Portweindynastie Symington zugehörigen Dow’s Quinta do Bomfim wurden von Januar bis Juli 2022 gerade einmal 114 Millimeter Niederschlag registriert – so viel, wie dort sonst in einem einzigen Wintermonat fällt. Im Ort Pinhão in der selben Region stieg das Quecksilber auf ein Rekordhoch für den Monat Juli: Es wurden 47 Grad Celsius gemessen. Aufgrund der Trockenheit und Hitze begann die Ernte 2022 im Dourotal dann auch historisch früh. Bereits im August wurden in den Lagares der Quinta do Vesuvio Trauben mit den Füßen gestampft und eingemaischt – noch nie fand dies auf dem jahrhundertealten Weingut früher im Jahr statt. Während die Mengen erwartungsgemäß klein sind, zeigen sich die Erzeuger mit der Qualität der Weine zufrieden. So vermeldete etwa die Winzergruppe Douro Boys, dass der Anteil an eingetrockneten Beeren überraschend klein war und die Weine über eine große Frische und gute Struktur verfügen. Auch in den anderen Weinregionen des Landes machte die Trockenheit zu schaffen, wenn sie auch dafür sorgte, dass das Aufkommen von Krankheiten und Schädlingen weitestgehend ausblieb. Gesamthaft dürfte die Ernte 2022 in Portugal um rund neun Prozent kleiner ausfallen als im Vorjahr, wobei in Regionen wie Douro oder Lisboa die Einbußen bei durchschnittlich 20 Prozent liegen. Die nördliche, feuchtere Region Minho – die Heimat des Vinho Verde – hingegen konnte die Produktion um zehn Prozent steigern. Die Region Alentejo, die für rund einen Drittel der portugiesischen Weinproduktion verantwortlich ist, verzeichnete ebenfalls einen leichten Rückgang bei der Erntemenge sowie hitzebedingte Probleme wie Sonnenbrand. Qualitativ jedoch zeigen sich die Weine aus dem Alentejo durchaus zufriedenstellend mit wie gewohnt praller Frucht und weicher Struktur. < Fotos: Moment RF / Getty Images, Shutterstock 28 falstaff feb–mär 2023

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