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Falstaff Magazin Österreich 7/2016

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wein / BEAUJOLAIS >

wein / BEAUJOLAIS > haben wir ein Problem: Der Beaujolais hat seine weltweite Bekanntheit mit seinem kleinsten Wein erlangt.« Vorsichtig und geräuschlos hebelt Desvignes den Korken aus seinem Morgon mit dem schönen Namen »Les Impénitents«, die Unverbesserlichen. »Ich bin im Bewusstsein aufgewachsen, dass der Morgon ein reifebedürftiger Wein ist.« Desvignes gießt den in diesem Licht farblich kaum zu beurteilenden Wein ins Glas, doch aus dem Kelch steigt innerhalb kürzester Zeit ein betörender Duft von Kräutern und Gewürzen empor: Noten von Tabak und Garrigue, gemischt mit Aromen von Milchschokolade und roter Johannisbeere. »Jahrgang 2010«, präzisiert Desvignes. Was er mit dem »kleinsten Wein« meint, der weltweit fürs Beaujolais stehe, ist klar: In den 1980er- Jahren wurde fast die Hälfte der Beaujolais- Ernte innerhalb weniger Wochen nach der Lese als »Beaujolais Nouveau« verkauft. Ein gigantischer Marketing-Coup, der den Winzern Turbo-Liquidität brachte. Um den Preis jedoch, dass heute nur noch Insider um die eigentlichen Tugenden guter Beaujolais- Weine wissen. Trinkfreude ist gesetzt, natürlich. Doch dem Beaujolais ist auch eine Fähigkeit zum Terroir-Ausdruck zu eigen – und eine Reifefähigkeit, die sich kaum von derjenigen guter Burgunder unterscheidet. »Vor zwei Jahren hat unser Vater für meine Schwester und mich einen 1961er aufgemacht, und der war ausgezeichnet«, sagt Desvignes. Seine aktuellen Weine geben keinen Grund, an dieser Aussage zu zweifeln. In Familienbetrieben wie auf Château Thivin von Claude Geoffray (r. außen) packen alle mit an. Ebenfalls Château Thivin: Für das Niederhalten der Zwischen begrünung werden zuweilen vierbeinige Mitarbeiter in den Weinberg geschickt. DIE MÖNCHE VON CLUNY Am Ortsrand von Fleurie zieht ein von Efeu überwachsenes Herrenhaus den Blick auf sich. Mit Gräfin Alexandra de Vazeilles öffnet eine Beaujolais-Novizin die Türe zum alten Klosterbesitz. Die aus der Provence stammende Adlige gehört zu jenen mit weitem Horizont ausgestatteten Ankömmlingen – Thibault Liger-Belair aus Nuits-St-Georges ist der andere prominente –, die das Beaujolais einzig nach seinem Potenzial beurteilen und sich deswegen hier engagieren. »Beaujolais Nouveau, das ist doch passé«, sagt die mit weiten und luftigen Gewändern bekleidete Önologin, und man möchte ihrem verschmitzten Gesichtsausdruck gerne glauben. Ihr Lebensweg zeigt, wie ernst es ihr mit dem Weinmachen ist: Schon als Jugendliche fühlte sie sich zu der Kultur des Essens und Trinkens hingezogen. Doch zunächst führte Fotos: Chapuis-photo.com, beigestellt 42 falstaff okt–nov 2016 chateau thivin

Keller auf Château des Jacques: Das Handelshaus Jadot setzt beim Ausbau auf Burgunder-Piècen. sie ihre Karriere in die Welt der Finanzen und ins Ausland. Mit einem gut gefüllten Geldsäckel kam sie im bereits reiferen Lebensalter nach Frankreich zurück, um sich ihren Jugendtraum zu erfüllen, studierte Önologie, absolvierte ein ganzes Jahr lang ein Praktikum auf Château Latour, und erwarb schließlich im Frühjahr 2014 Château des Bachelards in Fleurie. Warum gerade Fleurie? »Ich wollte unbedingt ein Weingut mit klösterlichem Ursprung. Die Mönche wussten schon im Mittelalter sehr genau, wo die besten Weinberge lagen.« Mit Bachelards landete die Comtesse schließlich einen Volltreffer: Um das Jahr 1000 gründeten Benediktiner aus Cluny die nahe gelegene Abtei von Arpayé – und legten im Lieu-dit »Les Bachelards« einen Weinberg an. Nach der Säkularisierung blieb das Weingut über 200 Jahre im Besitz derselben Familie, ehe de Vazeilles es übernahm. An diesem Sommerabend steht die Comtesse in den Rebzeilen der ummauerten Einzellage »Le Clos«, die direkt an das Château angrenzt, und spricht von der einzigartigen Atmosphäre dieses Weinbergs auf rosa Granit. Verkostet man de Vazeilles Erstling aus dem Jahrgang 2014, dann versteht man ihre Begeisterung. Doch die Gräfin ist auch unzufrieden, vor allem mit ihren Nachbarn: FACTS »Die Leute sind viel zu anspruchslos hier, sie begnügen sich mit minimalen Einkünften. Und weil ihre schlecht gepflegten Weinberge nur minderwertige Trauben hervorbringen, greifen sie dann zur Thermovinifikation.« Die Maischeerwärmung nämlich, eine Methode der technologiegläubigen Siebzigerjahre, ist noch immer weit verbreitet. Quasi zu Marmelade verkocht und schnell abgepresst, lassen sich Fäulnis und andere Defekte der Trauben kaschieren – so entsteht jener »typische«, simpel fruchtige Beaujolais ohne Extrakt und Tiefe. Um sich von all dem abzugrenzen, verzichtet de Vazeilles auf Maischeerwärmung ebenso wie auf Kohlensäuremaischung. Stattdessen unterzieht sie ihre Weine einer klassischen Maischegärung. Und geht sogar noch weiter: Gerade hat sie Syrah gepflanzt. »Wir liegen 80 Kilometer Luftlinie von der Côte-Rôtie entfernt, und haben geologisch denselben Granit.« > BEAUJOLAIS NOUVEAU Der Brauch, die Ankunft des neuen Weins am dritten Donnerstag des November zu zelebrieren, entstand Anfang der 1960er-Jahre in Pariser In-Bistros. In den 1980er-Jahren erlebte der Hype seinen Höhepunkt, als fast die Hälfte der Jahresproduktion des Gebiets als »Beaujolais Nouveau« über die Ladentische ging. Seither hat sich die Mode deutlich abgekühlt. Heute werden »nur« noch rund zehn Millionen Flaschen Primeurwein abgesetzt, rund die Hälfte davon in Japan. Wegen der extrem kurzen Zeitspanne zwischen Lese und Abfüllung sind Vinifikation und Stabilisierung problematisch. Was jedoch zählt, ist der Reiz des Neuen. In ausgewählten Hotspots wird die Ankunft des neuen Beaujolais nach wie vor gefeiert – etwa in Berlins Galeries Lafayette, wo im vergangenen Jahr rund tausend Flaschen abgesetzt wurden – die Hälfte davon in den ersten drei Tagen. okt–nov 2016 falstaff 43

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