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Falstaff Magazin Österreich 5/2017

spirits /

spirits / LOHNBRENNEREIEN Wer einen Obstgarten hat, weiß: 30 Kilo Früchte sind nicht viel. Sie kommen oft schneller zusammen, als einem lieb ist. Als nachhaltigkeitsgeschulter Foodie lässt man sie natürlich nicht halb zerquetscht in der Wiese verrotten, selbst wenn Vögel, Wespen und allerlei Gewürm ihre Freude daran hätten. Andererseits – Marmelade einkochen (gibt es da nicht noch Gläser vom Vorjahr?), jeden zweiten Tag Kuchen backen oder den Nachbarn immer wieder neue Obstsäcke an die Tür hängen (bitte ganz freundlich!) ist auf Dauer nicht erfüllend. Ein befriedigender Grundsatz, der in Zusammenhang mit Obst stets seine Gültigkeit hat, lautet: Es zählt, was hält. So gewinnt auch das Schnapsbrennen in Eigenregie immer mehr an Bedeutung. Doch bevor man sich via Onlineshops wie alambic-classique.com oder destillatio.eu mit Profiwerkzeug eindeckt, sollte man Rat von Experten einholen. In Österreich kann man das bei einem der Weltbesten tun. Seit Alois Gölles vor bald zwei Jahren seinen Firmensitz im steirischen Riegersburg zu einer veritablen Brände- Erlebniswelt umgestaltet hat, kommen an die 30.000 Schnapsfreunde jährlich zu Besuch. Er lehrt sie Elementares, etwa dass Obst beim Brennen nicht gleich Obst ist. Um einen Liter Brand herzustellen, braucht man zum Beispiel 30 Kilo Vogelbeeren oder 29 Kilo Himbeeren, aber nur zehn Kilo von der Herzkirsche, zwölf von der Zwetschge oder 16 von der Williamsbirne. Die Früchte gehören stets gereinigt und entsteint – bei hochqualitativen Bränden besteht die Maische ausschließlich aus Fruchtfleisch. Gölles selbst säubert sogar die Kerne, trocknet sie und verwendet sie zur Beheizung der Anlage. Die Früchte sollten wenige Stunden nach der Ernte eingemaischt werden, so lässt sich die Bildung schädlicher Bakterien vermeiden. Nach der Gärung wird das Destillat in zwei Vorgängen doppelt gebrannt – »damit aus dem Raubrand ein Feinbrand wird«, so Gölles. Dieser wird anschließend ein Jahr im Glasballon oder, je nach Sorte und Verarbeitung, acht bis zehn Jahre im Holzfass gelagert. Auch hier gibt der Meister zu bedenken, dass es gerade für Laien Sinn macht, bereits gebrauchte Eichenholzfässer zu kaufen, da man so schneller zu einem ansehnlichen Ergebnis kommt: »Bei neuen Fässern werden die Holzstoffe noch stärker ausgelaugt. Wenn man sich da nicht auskennt, legen sie sich über die Fruchtaromen, und das Destillat wird bitter.« An dieser Stelle gehört erwähnt, dass Glasballon oder Holzfass keiner Religion, sondern ihr jeweiliger Einsatz einer tiefgreifenden Sinnhaftigkeit entspringt: »Zart-fruchtige Sorten wie die Marille sollte man nie ins Fass geben, da sie sonst ihr wunderbares »Zart-fruchtige Sorten wie die Marille sollte man nie ins Fass geben, da sie sonst ihr wunderbares Eigenaroma verlieren.« ALOIS GÖLLES Top-Brenner Eigenaroma verlieren«, erklärt Gölles, »der Apfel hingegen gewinnt, wenn man ihn ins Fass gibt.« Gölles brennt auch für betriebsfremde Obstbesitzer, allerdings erst ab einer Fruchtmenge von mindestens 1600 Kilo. Bei solchen Größenordnungen hat die Obstveredelung nichts mehr mit Abfüllungen für Genießer zu tun, da geht es ins Professionelle. Meist handelt es sich bei den Großkunden um Wein-, Frucht- oder Gemüseproduzenten der Region, die neben ihrem Hauptgeschäft auch noch eine »Schnaps-Linie« laufen haben. Privaten Aficionados rät Gölles, sich »Hobbygemeinschaften anzuschließen« oder Lohnbrennereien zu kontaktieren, die es gewohnt sind, mit kleinen Mengen zu arbeiten. Deren Qualität erkenne man am besten, indem man den Gaumen urteilen lässt: »Wenn man sich durch das Sortiment des Anbieters kostet, merkt man schnell, was dieser draufhat, da muss man kein Profi sein«, lacht Gölles. Auch in Deutschland begnügen sich Hobbygärtner längst nicht mit dem Maniküren der Bäume, sondern suchen häufig nach Möglichkeiten, das gewonnene Obst zu geronnenem zu machen. So liegt der Ratgeber »Schnapsbrennen als Hobby« von Bettina Malle und Helge Schmickl bereits in der 12. Auflage auf. Schnaps-Seminare erfreuen sich großer Beliebtheit. Destilliermeister Siegbert Hennig weiß ein Glas darauf zu heben. Seit 1998 betreibt er gemeinsam mit Georg Prinz zur Lippe- Weißenfeld im sächsischen Schloss Proschwitz die Meissener Spezialitätenbrennerei. Sein Whisky gilt unter Liebhabern als Geheimtipp, > viel Herzblut fur : das Herzgluück : Fotos: Angela Liebich Fotografie, beigestellt

2 3 VON DER SCHNAPSIDEE ZUM EDELBRAND 1 8 1 Kostproben in der steirischen Erlebniswelt von Alois Gölles. 2 Top-Brennereien arbeiten mit pflückreifem Obst. Ist es einmal zu Boden gefallen, risikiert man Verletzungen und Kontaminierung. 3 Bei Weltklasseherstellern wie Gölles wird stets doppelt gebrannt, damit aus dem Rau- ein Feinbrand entsteht. 4 Frischer Holunder, erntereif. 5 Der deutsche Destilliermeister Siegbert Hennig von der Meissener Spezialitätenbrennerei ist immer auf der Suche nach dem besten Ausgangsmaterial. Er will »das Obst sehen«. 6 Für einen Liter Schnaps benötigt man knapp 15 Kilo Äpfel. Der Brand kommt anschließend meist ins Holzfass. 7 Zum sächsischen Schloss Proschwitz gehört die Meissener Spezialitätenbrennerei, wo unter Federführung von Siegbert Henning Edelbrände entstehen. Der Gin wurde erst kürzlich ausgezeichnet. 8 Die zarte Marille hasst den Frost, entwickelt aber dafür als Brand die schönsten Aromen. 4 5 7 6

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