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Falstaff Magazin Österreich 3/2018

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wein / STEINBERG Neu und

wein / STEINBERG Neu und alt vereint: Der Keller-Neubau der Domäne Steinberg, 2008 eröffnet, fügt sich harmonisch ins Ensemble ein. > lang, die Füße still zu halten. Ab 1113 folgte dann eine »Filiation« nach der anderen. 1136 machten sich Zisterzienser aus Clairvaux – also aus dem heute zur Champagne zählenden Département Aube – in den Rheingau auf, wo sie mit dem Segen des Mainzer Erzbischofs eine bereits zuvor bestehende Struktur der Benediktiner übernahmen. Bald darauf begannen sie, eigenhändig den Wald in ihrer Nachbarschaft zu roden. EIN RHEINGAUER CLOS DE VOUGEOT Eberbach und sein erster – und bis auf den heutigen Tag wichtigster – Weinberg gehören so eng zusammen, dass man versucht ist, anzunehmen, das weinbauliche Interesse sei der Klostergründung vorangegangen und nicht umgekehrt. In dieses Bild passt, dass die Mönche schon fast ein ganzes Jahrzehnt vor der Weihung der Klosterkirche, die 1186 erfolgte, am Fuß des Steinbergs eine sogenannte Grangie, also ein klösterliches Bauerngehöft mit Viehwirtschaft in Betrieb nahmen. Dadurch wurde nicht zuletzt die Möglichkeit, Dung in die Reben zu bringen, auf die eleganteste Weise vereinfacht. Etwa EINMALIGER GESCHMACK Der Steinberg ist eine Höhenlage. Während der Rhein auf etwa 80 Metern über dem Meeresspiegel fließt, erstreckt sich der Steinberg in Höhen von 150–270 Metern. Daher fallen die Weine strenger, »kühler« aus, als diejenigen der nahe am Fluss gelegenen Weinberge. Die Aromen des Weins spiegeln den mineralischen Gehalt der Böden. Typisch sind Noten von Gesteinsmehl, feuchtem Schiefer, Pfeffer. Steinberg-Weine sind extraktreich: Schon in der Frühzeit der Chemie zeigte eine Analyse, dass der Steinberger den höchsten Extrakt aller Rheingauer erreicht. Ein 1822er kam beispielsweise auf den doppelten Wert eines Marcobrunn. Steinberg ist gleich Riesling – diese Formel gilt seit etwa 250 Jahren. Davor war der Weinberg vermutlich als Mischsatz gepflanzt. zeitgleich dürfte es dem Kloster auch gelungen sein, durch Schenkungen, Tausch und Kauf in den Besitz des gesamten, annähernd 40 Hektar großen Hangs zu gelangen. Im Jahr 1211 spricht ein Güterverzeichnis bereits wie selbstverständlich von der »vinea Steinb’ch« als einer zu Eberbach gehörigen Einheit. Dieses Schema ist natürlich bekannt: Die Mönche des Stammklosters in Cîteaux hatten Anfang des 12. Jahrhunderts im Herzen Burgunds den Clos de Vougeot angelegt und an seinem Rand eine Grangie errichtet, das heutige Château du Clos de Vougeot. DIE FEINEN UNTERSCHIEDE In Eberbach wie in Vougeot erstreckt sich der Weinberg über verschiedene Hangabschnitte, sodass sich die Bedingungen an verschiedenen Punkten des Besitzes zwar gleichen, aber dennoch nicht völlig homogen sind. Genau das suchten die Zisterzienser: Denn sowohl der Clos de Vougeot als auch der Steinberg dürften ihnen als Forschungszentren gedient haben. Als Beispiel-Weinberge, in denen sich untersuchen ließ, welchen Effekt kleine Unterschiede in Höhenlage, Hangneigung und Bo- Fotos: www.Hartmann-Fotodesign.de, Markus Hintzen, Anja Sommer 40 falstaff mai 2018

denstruktur mit sich bringen und wie man sich bei der Arbeit in den Reben am besten auf die jeweiligen Randbedingungen einstellen kann. Einen Unterschied gibt es dann allerdings doch: Während die Mauer um den Clos de Vougeot bereits um 1330 angelegt wurde, sollte es im Rheingau bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dauern, ehe der Druck durch Traubendiebe so groß wurde, dass man das rund drei Kilometer lange, mit Schiefer gedeckte Bauwerk in Angriff nahm. In der Mauer wurden konsequenterweise Lesesteine aller im Boden selbst vorkommenden Materialien verbaut: weißer Quarzit und Schiefer in farblichen Spielarten von rötlich über grünlich bis grau. Die Komplexität des Bodens wird dadurch fast ebenso anschaulich wie am Duft des Weins. Doch die Umfriedung des Weinbergs ist noch aus einem zweiten Grund bemerkenswert. Dieter Greiner, der Weingutsdirektor der Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach, in deren Alleinbesitz sich der Steinberg heute befindet, weiß nur allzu gut, dass er trotz seiner Herkunft aus dem protestantischen Schwaben in der Tradition der Eberbacher Äbte steht. Also zelebriert er den Besuch im Steinberg, indem er zum Eintritt gerne jenes eine Tor wählt, vor dem ein schmiedeeisernes Gitter prangt. Der Schlüssel dreht sich im Schloss und man schreitet hinein in den Rheingauer Clos. »Und jetzt?«, fragt Greiner. »Wie fühlt es sich an?« EIN MAGISCHER ORT Man müsste schon sehr abgestumpft sein, wenn man nicht bemerken würde: Magisch fühlt es sich an, erhaben. Denn einerseits wird der Blick weit, öffnet sich nach drei Seiten hin über 37 Hektar Reben. Andererseits fühlt es sich an, als beträte man ein Wohnzimmer. Die Mauer, mag sie trotz ihrer Höhe von drei, vier Metern weit drunten am Hangfuß klein wirken, sie schafft ein wohliges Gefühl der Abgeschlossenheit, ja geradezu des Intimen. Auch Carsten Pfaff, der seit 1978 die Reben des Steinbergs pflegt und dessen Großvater zwischen 1922 und 1938 an selber Stelle noch als Pferdefuhrmann tätig war, zeigt in diesem Moment eine Emotion: »Großartig, oder?« In einem solchen Moment kann es passieren, dass man den 56-Jährigen mit den zupackenden Händen in neuem Licht betrachtet: Fantasiert man sich eine schwarz-weiße Kutte um seine breiten Schultern – dann scheint es fast, als habe sich in den annähernd 900 Jahren, seitdem dieser Weinberg das Herz der Menschen erfreut, viel weniger geändert, als man in der Regel anzunehmen bereit ist. < Vinothek im Steinberg mit Aussicht. »Es ist ein gut gehütetes Geheimnis, wie viele Flaschen reifen Steinbergers bei uns im Keller ruhen.« DIETER GREINER Weingutsdirektor Kloster Eberbach mai 2018 falstaff 41

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