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Falstaff Magazin Österreich 1/2018

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cover / FASTENSCHWINDEL

cover / FASTENSCHWINDEL Die Barockzeit gilt als die Hochblüte der Pasteten. Alles, was kreuchte und fleuchte, wurde dazu verarbeitet. Pasteten waren nicht zuletzt deshalb so populär, weil sich das pürierte Fleisch im Teigmantel optimal kaschieren ließ. Fasten ist heute Privatsache. Das war nicht immer so. Bis zur Säkularisation bestimmte das Fasten das Leben der Menschen. »Geht man von der allgemeinen Erfahrung aus, dass umso mehr geschummelt wird, je unerträglicher oder unsinniger man die Verbote findet, könnte eine Hochblüte des Fastenschwindels im Mittelalter gewesen sein«, betont Ethnologin Helga Maria Wolf. Alles in allem galten mehr als 150 Tage pro Jahr als Fasttage. Die Menschen verzichteten mehrmals pro Woche auf Fleisch, in der 40-tägigen vorösterlichen Bußzeit zudem auf Eier, Milch und »Laktizien«, wie Milchprodukte hießen. In dieser Zeit durfte man sich zudem nur einmal täglich satt essen. Dazu kamen Vigilfasten vor hohen Festtagen und Quatemberfasten – also viermal jährlich –, zeitweise auch zwischen Martini (11. 11.) und Weihnachten sowie an speziellen Fasttagen der Diözesen. Noch zu Zeiten Kaiserin Maria Theresias (1717–1780) wurde – heute unvorstellbar – auch im Advent gefastet. VON RÖMISCHEN REGELN »Die strengen Fastenregeln kamen ja aus Italien und ließen sich in nördlichen Klöstern, wo es kälter war und es kein Olivenöl gab, bei schwerer Arbeit kaum durchhalten«, betont Historikerin Ingrid Haslinger. Denn in Fastenzeiten war auch das Kochen mit Butter und Schmalz untersagt. Um 1490 kam die Kirche schließlich den Wünschen nach Erleichterung ihres Gebotes durch Dispens entgegen. Päpstliche »Butterbriefe« gewährten fortan das Kochen mit Butter gegen Bares. Die Befreiung galt für alle Fasttage des Jahres mit Ausnahme der Karwoche. »Zwei Drittel der Erlöse gingen an die Diözesen, ein Drittel an den Papst«, sagt Wolf. WEDER FISCH NOCH FLEISCH Was geht und was nicht? Das war die große Frage. So wichtig, dass sich die hohe Geistlichkeit um Definitionen stritt. Dem Leitsatz folgend, dass das, was sich im Wasser bewegt, kein Fleisch sei, erfuhr etwa der Biber als »Wassertier« die eigenwillige Spezifizierung als Fisch. Sein nahrhaftes, fettes Fleisch hätte fast zu seiner die Ausrottung geführt. Die Barockzeit gilt kulinarisch als die Hochblüte der Pasteten. Alles, was kreuchte und fleuchte, wurde dazu verarbeitet. Sie war nicht zuletzt deshalb so populär, weil sich im Teigmantel püriertes Fleisch kaschieren ließ. Dieses Motiv soll auch zur Erfindung der Schwäbischen Maultaschen geführt haben. Zisterziensermönche haben, so die Legende, während der Fastenzeit Fleisch im Nudelteig versteckt, weshalb das Gericht im Volksmund »Herrgottsbscheißerle« genannt wurde. Bis ins 19. Jahrhundert enthielten Kochbücher jede Menge Fastengerichte mit Krebsen, Schnecken, Fröschen oder Schildkröten. Klöster betrieben Fischteiche sowie Schneckenfarmen, und Rezepte mit »Fastentieren« machten gut ein Fünftel der Kochbücher aus. – Wer Lust auf eine kulinarische Zeitreise hat: Im »Barocken Kochbuch 1740« (siehe Buchtipps) finden sich Rezepte für Schnecken- und Krebssuppen. Aus heutiger Sicht amüsant ist die päpstliche Auslegung »Flüssiges bricht das Fasten nicht«. Klöster brauten folglich ausgerechnet in der Fastenzeit Starkbier, das den Mönchen half, die Zeiten karger Küche zu überbrücken. Abstinenz bedeutete über viele Jahrhunderte nicht Verzicht auf Alkohol. »Alkohol hatte einen 72 falstaff feb–mär 2018

Ausgerechnet in der Fastenzeit war es erlaubt, Starkbier zu trinken. anderen Stellenwert, weil die Wasserqualität so schlecht war. Alkoholische Getränke waren in erster Linie Durstlöscher. Schon Kinder haben Wein und Bier getrunken«, sagt Haslinger. Papst Pius V. soll zudem das Trinken von Xocoatl, der Urform der heißen Schokolade, zum Fastengetränk deklariert haben, weil es ihm selbst nicht mundete. Unter Kaiserin Maria Theresia wurde das Einhalten der Fastenregeln streng kontrolliert. Selbst Wirtshäuser durften an Fasttagen grundsätzlich kein Fleisch servieren. Doch Wien wäre nicht Wien, hätte sich nicht eine Ausnahmeregelung gefunden. »Es gab viele Einkehrgast höfe für Reisende, denen auf Bestellung Fleisch serviert wurde. Sie mussten es allerdings im Hinterzimmer verspeisen oder zumindest auf einem Abstinenz bedeutete über viele Jahrhunderte nicht etwa, auf Alkohol zu verzichten. Der hatte einen ganz anderen Stellenwert, zumal die Wasserqualität in jener Zeit schlecht war. eigenen Tisch«, sagt Haslinger. Im Übrigen soll selbst die strenggläubige Monarchin mitunter gemogelt und in ihrer Kammer heimlich Fleisch verzehrt haben. Renate Riedler-Singer weist im Vorwort ihres Kochbuchs »Christlich auf’kocht und teuflisch eing’schenkt« auf die kulinarischen Konsequenzen von Christentum, Reformation und – nicht zu vergessen – Gegenreformation hin: Nachdem die Habsburger mit der katholischen Kirche ein Bündnis von Thron und Altar geschlossen hatten, bestimmte der liturgische Kalender im Wesentlichen bis zum Ende der Monarchie die österreichische Feiertagskultur des Essens und Trinkens. Gehen fleischlastige Kost und insbesondere fettes Fleisch heute nicht mehr als gesunde > feb–mär 2018 falstaff 73

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