Falstaff Magazin Österreich 05/2020

weinreise / GRIECHISCHE

weinreise / GRIECHISCHE INSELWELT Im Keller der UWC-Genossenschaft lernt man die Welt des süßen Muskatweins kennen. GALTEN EINST DIE SÜSSWEINE ALS DAS »GOLD DER INSEL«, SO PUNKTET SAMOS HEUTE MIT TROCKENEN WEINEN. < seine Freude haben. Winzer Jerome Binda von der Domaine de Kalathas vinifiziert zahlreiche alte Sorten und ist Besuchern der Alternativ-Weinmesse RAW ein Begriff. Bei T-Oinos, wo man einen Teil der Topweine in Amphoren und Barriques ausbaut, könnte man bei Blindproben sogar ans Burgund denken. Ihre kristallklare Stilistik und das erstaunliche Reifepotenzial machen sie zu den Top-Tipps unter den Inselweinen der Ägäis. Der weiße Assyrtiko wächst auf sandigem Granitverwitterungsboden, der rote Mavrotragano auf Schiefer. »Man muss über dieses Land gewandelt sein und die Luft auf Tinos geatmet haben, um die Dimension dieses Ortes erfassen zu können«, sagt kein Geringerer als der französische Star-Önologe Stéphane Derenoncourt, der mithilft, den Weinen von T-Oinos zu Weltruhm zu verhelfen. Wer sie probieren möchte, kommt derzeit allerdings noch kaum um einen Besuch auf Tinos herum, denn die Weine sind auf dem internationalen Markt noch rar und zudem in Fan- Kreisen heiß begehrt. GÖTTLICHER MUSKAT Die nordägäischen Inseln bilden eine der vier Gruppen in der Ägäis und werden von den Kykladen, dem Dodekanes und den Sporadischen Inseln eingegrenzt. Von Nord nach Süd reihen sich als Hauptinseln Limnos, Lesbos, Chios, Samos und Ikaria aneinander. Hier herrschen milde Winter und heiße, windige Sommer vor, die Wasserversorgung ist speziell auf Samos und Ikaria sehr gut. Die wichtigsten Weine der nordägäischen Inseln sind ihre Muskatweine, die den Namen Samos in aller Welt bekannt machten. Samos ist heute ein Synonym für kraftvolle, süße, goldfarbene Weine. Leider ist die große Zeit dieser Weine vorbei, denn süße Weine mit 15 Prozent Alkohol und über 100 Gramm Restzucker finden bei aller Güte und auch zu moderaten Preise aufgrund des vorherrschenden Publikumsgeschmacks heute kaum Interessenten. 70 Prozent der gesamten Samos-Produktion werden von der Genossenschaft UWC in Malagari abgewickelt, die mit etwa 25 kleineren lokalen Betrieben rund 1400 Hektar Rebfläche betreut. Die Spitzenweine, speziell jene mit einiger Reife, fallen delikat aus und werden zu Recht als »Nectar« bezeichnet. Mary Triantafyllopoulou (o.) erzeugt auf dem Weingut Triantafyllopoulos in Zipari gute Bordeaux- Blends namens »Deipnos«. IONISCHE SORTENVIELFALT Die Ionischen Inseln weisen mehr oder minder alle eine weinbauliche Tradition auf, die besten Weine entstehen heute ohne Zweifel auf Kefalonia. Die Böden variieren, rund um den Berg Enos wächst die wichtigste Sorte der Insel, die Robola, auf kalkreichen Böden zu einem mineralisch geprägten Weißwein mit Herkunftsschutz heran, bekannt sind auch der Muskat und der Mavrodaphne Kefalonias. Korfu ist die größte Ionische Insel, allerdings sind ihre beiden wichtigsten Rebsorten, die weiße Kakotrygis und die rote Petrokorinthos, nicht sonderlich spannend. Die tiefrote Vertzami- Traube auf Lefkada ergibt dunkle, kraftvolle und kräuterwürzige Rotweine, die oft gerbstoffreich ausfallen. Die Insel Zakynthos verfügt über fast tausend Hek tar unter Reben und ist für den Verdea-Wein auf Basis der Sorte Skiadopoulo bekannt, ein trockener, säurereicher und kräftiger Wein, der mit seiner oxidativen Note an Sherry erinnert. Rote kommen auf Zakynthos aus der Avgoustatis-Traube. Fotos: Mauritius images, Petrrakis Lestaki, beigestellt 16 falstaff jul–aug 2020

Griechische Postkarten-Idylle mit blauem Meer und verschlafenen Inseldörfern dominiert das Bild. Aber hier wachsen auch Weine von sehr beachtlicher Qualität. Variantenreiche Böden machen die Weine von der Insel Kefalonia zu den besten der Ionischen Inseln. GRIECHENLANDS INSELWELT IST EIN WACHSENDER QUELL GROSSER VIELFALT AN WEINSTILEN UND HORT ALTER SORTEN. Das Weingut Diamantakis auf Kreta, im Südwesten von Heraklion gelegen. DODEKANES UND KRETA Der Dodekanes besteht aus einer Gruppe von zwölf Inseln im Nordwesten Kleinasiens. Die Insel Rhodos blickt auf eine uralte Weinkultur zurück, heute verteilen sich hier etwa 600 Hektar auf zwei Zonen, eine nahe dem Meer und eine zweite auf den Abhängen des Attavyros-Berges. Für die Weißweine verwendet man Athiri, Assyrtiko und Malagousia, die trockenen Rotweine werden aus Mandilaria vinfiziert, die hier auch Amoriano heißt. Für die süßen Herkunftsweine der »PDO Muscat of Rhodos«, die sowohl als natürliche als auch als fortifizierte Süßweine angeboten werden, kommt Muscat Blanc und Muscat di Trani zum Einsatz. Auf der Insel Kos hat der Weinbau eher historische Bedeutung, ernsthafte Bestrebungen wurden in jüngster Zeit nur von einem Weingut mit dem zungenbrecherischen Namen Triantafyllopoulos in Zipari unternommen, der Spitzenrotwein ist ein Bordeaux- Blend namens »Deipnos«. Obwohl Kreta weit im Süden nahe des 35. Breitengrads liegt, dominieren in den kretischen Rebbergen mit Abstand die Weißweinsorten. Rund 15 Prozent der gesamtgriechischen Rebflächen befinden sich auf Kreta, der Löwenanteil davon rund um Heraklion in den drei Regionen Peza, Archanes und Dafnes. Rassig und mit Zitrusaromen kommt der Vilana ins Glas, beim Vidiano aus der Region von Rethymnon hat schon mancher Experte dank der Kräuterwürze auf Sauvignon Blanc getippt. Duftig-frisch präsentiert sich der autochthone Thrapsathiri durchaus rieslinghaft. Auch in Sachen Rotwein geht Kreta seinen ureigenen Weg. Am häufigsten begegnet man dem Liatiko, einer hellen, zuckerreichen Traube, die zu trockenen, aber auch süßen Weinen verarbeitet wird. Sehr dunkel und gerbstoffreich sind die Weine aus Mandilari, eher fruchtig sind die Rotweine aus der Sorte Kotsifali. Fazit: Neben dem Einheitsangebot der überall präsenten Großkellereien regiert hier die lokale Vielfalt. < jul–aug 2020 falstaff 17