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Falstaff Living Ausgabe 3/2018

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design / INTERVIEW > Holz zum Erklimmen Die drei gestaltenden Teams haben drei eigenständige Arbeiten realisiert, die sich räumlich und inhaltlich überlagern. Henke Schreieck haben eine begehbare Holzskulptur errichtet. Der Raum erschließt sich in der Bewegung, im Erklimmen der einzelnen Plattformen. Die Sphäre von LAAC wiederum bricht die strenge Symmetrie des Josef-Hoffmann-Pavillons, indem sie den Mittelpunkt verschiebt, die eigene Bewegung bewusst erleben lässt und durch ihre Spiegelung alle natürlichen und kulturellen Einflüsse verzerrt visuell wiedergibt. Freiraum im Denken ist hier der Widerstand gegen die Norm, gegen das Absolute. Spannend finde ich im Gegensatz dazu, wie die Materialien, die bei Sagmeister & Walsh zu sehen sind, in der Realität eigentlich gar nicht existieren. Sie zeigen, wie sehr unser Denken mit Imagination verbunden ist und wie sehr dieses Imaginierte unsere Erwartungshaltung im Alltag beeinflusst. Natürlich war diese Kombination bis zu einem gewissen Grad auch ein Experiment. Wenn wir Österreich verlassen: Welche Trends und Tendenzen haben Sie auf der Biennale heuer beobachtet? Die Frage nach den Trends muss ich unbeantwortet lassen. Die Architekturbiennale in Venedig ist keine Produktmesse, auf der aktuelle Trends dargestellt werden. Paolo Baratta, der Präsident der Biennale, formuliert es als den kulturellen Anspruch, den wir mit Architektur verbinden. Dieser Anspruch besteht für Marta Schreieck und Dieter Henke haben eine begehbare Skulptur aus Eichenholz in den Pavillon gestellt. In der Bewegung verändern sich Position und Perspektive – eine zentrale Aussage für die gängige Architekturtheorie und Baupraxis in Österreich. »Wir wollten den Begriff des Freespace als einen Freiraum im Denken darstellen. Es gibt nicht die eine Wahrheit, denn der Freiraum ist immer auch ein Raum, in dem verschiedene Zugänge koexistieren.« VERENA KONRAD Österreich-Kommissärin, Biennale 2018 uns auch darin, die sonst übliche, rein ökonomische Herangehensweise an das Bauen kritisch zu beleuchten. Dann lassen Sie mich anders fragen: Gibt es Tendenzen in der künstlerischen Herangehensweise, die Sie beobachtet haben? Eine zentrale Aussage, aus der man thematische Tendenzen herauslesen könnte, zieht sich meiner Beobachtung nach nicht durch. Was ich allerdings beobachtet habe, ist eine gewisse Rückbesinnung auf die Qualitäten des Raums an sich. Das ästhetische, poetische und auch emotionale Moment dieser Biennale ist zum Teil stark kritisiert worden. Ich sehe Poesie und Kritik aber nicht im Widerspruch. Im Gegenteil: Erst eine tiefe Innensicht ermöglicht Urteilsbildung. Solange dieser poetische Blick die Realität nicht verstellt und verklärt, halte ich ihn für eine Stärke. Gibt es geografische, kulturelle oder religiöse Unterschiede in der Interpretation des freien Raums? Geografische, kulturelle und religiöse Unterschiede existieren überall auf der Welt. Zu jeder Biennale tappen wir – vermutlich aufgrund der Präsenz der Länderpavillons – in diese Falle. Der Versuch, das Denken national zu verankern, ist sehr problematisch. Natürlich gibt es Bezüge, die lokal sind, Projekte, die Alice im Wunderland Im Schweizer Pavillon ist nichts, wie es scheint. Der Beitrag bildet den klassischen Wohnbau ab, allerdings sind die Räume im Maßstab so verfremdet, dass sie ein Nachdenken über Normen, Baustandards und sich selbst als Fremdkörper anzetteln. Fotos: Martin Mischkulnig, Wojciech Czaja, Darko Todorovic 80 falstaff living 03 / 18

Rot-weiß-rote Teamarbeit Die Personen hinter den Kulissen des Österreich- Pavillons (v. l. n. r.): Frank Ludin, Marta Schreieck, Dieter Henke, Jessica Walsh, Stefan Sagmeister, Verena Konrad und Kathrin Aste. »Die Biennale ist ein Ort, an dem man seine eigene Haltung, seine Ansichten auf Aktualität überprüfen und sehen kann, wie andere mit drängenden Fragen der Zeit umgehen.« VERENA KONRAD Österreich-Kommissärin, Biennale 2018 den politischen Umgang mit den heiligen Stätten. Der Beitrag ist informativ, gut inszeniert und schafft eindrückliche Bilder für das eigentlich Nicht-Sichtbare. »THOUGHTS FORM MATTER« IM ÖSTERREICH-PAVILLON Der österreichische Pavillon wird auch heuer wieder – eine fast schon rot-weiß-rote Tradition in Venedig – von drei interdisziplinären Teams bespielt. Kommissärin Verena Konrad entschied sich für das Wiener Büro Henke Schreieck Architekten (OMV Headquarter, Erste Campus), für die Innsbrucker LAAC Architekten (Landhausplatz Innsbruck, Copa Cagrana Wien) sowie für das New Yorker Grafikdesign- und Medienstudio Sagmeister & Walsh. Henke Schreieck haben eine begehbare Holzskulptur errichtet, von deren Spitze man einen Blick auf die Nachbarpavillons in den Giardini erhaschen kann. Ergänzt wird die Installation von einem Lichtatrium aus japanischem Papier (in Zusammenarbeit mit Anna Rubin). einen Ort haben. Letztendlich darf man aber nicht vergessen, dass die Diskussion über Architektur in einem globalen, längst schon stark miteinander vernetzten Raum stattfindet. Für seinen Beitrag »Svizzera 240: House Tour« wurde der Schweizer Pavillon mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Die Schweiz hat einen spannenden Beitrag geliefert, der anhand einer humorvollen Inszenierung den Umgang mit Baustandards anspricht. Ich finde den Pavillon sehr gelungen, weil er die Besucherinnen und Besucher direkt anspricht und zur Diskussion anregt. Allerdings finde ich die Preisverleihung, die einen gewissen Wettbewerb erzeugt, für das Anliegen der Biennale eher kontraproduktiv. LAAC hat eine kreisrunde, gewölbte Bodenskulptur in den Pavillon eingeschrieben. Die verspiegelte Fläche schafft nicht nur visuelle, sondern auch kinästhetische Irritationen im Begehen. »Man kann die Spiegelfläche entweder als Kuppel lesen oder aber als oberste Kappe einer ziemlich großen Kugel, auf der wir uns gerade befinden«, sagen die beiden LAAC-Architekten Kathrin Aste und Frank Ludin. »Es ist eine fiktive Kugel mit einem Durchmesser von 256 Metern, also ein Modell der Erde im Maßstab 1:50.000.« Und Stefan Sagmeister und Jessica Walsh haben zwei abgedunkelte Räume mit Video- und Sound-Installationen bespielt. Die Architekturbiennale in Venedig ist noch bis 26. 11. 2018 zu sehen. Es sind so unterschiedliche Beiträge, die auch aus ganz unterschiedlichen Rahmenbedingungen heraus entstehen. Warum sollte man das vergleichen? Welche Pavillons haben Sie besonders beeindruckt? Lassen Sie mich kurz überlegen … Unter den Pavillons würde ich sagen: Israel. Bei den Einzelpositionen hat mich der Beitrag von Anna Heringer sehr beeindruckt. Inwiefern? Der Beitrag der israelischen Kollegen hat den Titel »In Statu Quo: Structures of Negotiation«. Auch hier geht es um Koexistenz, allerdings um die Koexistenz von Religionen sowie Sie haben auch die Arbeit von Anna Heringer angesprochen … Anna Heringer hat eine kleine, aber wirkungsvolle Installation im Arsenale gemacht: »This is not a shirt. This is a playground« zeigt, wie sich die Menschen in ihren Dörfern in Bangladesch eine eigene Existenzgrundlage aufbauen und von ihrer eigenen Erwerbstätigkeit leben können, indem sie Textilien bearbeiten, eine Schneiderei aufbauen und die Wertschöpfungskette im Ort belassen – anstatt in die Großstadt zu ziehen und ihre Ressourcen an die globale Textilindustrie zu verschenken. Ihre Arbeit ist zugleich auch ein Crowdfunding-Projekt, um das Projekt in Bangladesch zu unterstützen. Ich habe schon ein »Didi- Shirt« zu Hause. Was nehmen Sie persönlich von dieser Biennale mit? Sehr viel! Die Biennale ist ein Ort, an dem man seine eigene Haltung, seine Ansichten auf Aktualität überprüfen und sehen kann, wie andere mit drängenden Fragen der Zeit umgehen. Gerade in Zeiten, da das Bauen vor allem Moden, Trends und ökonomisch funktionalen Kriterien unterworfen ist, finde ich diese Rückbesinnung auf das eigene Tun und Wirken sehr wichtig. Das betrifft nicht nur Architektinnen und Architekten in ihrer Profession. Diese intellektuelle Rückversicherung ist wichtig für alle Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen. Der erste Stress ist überstanden. Wie geht es weiter? Für mich hat die Biennale soeben begonnen. Wir haben unseren Beitrag für die Besucherinnen und Besucher gemacht. Ich werde regelmäßig für Ausstellungsgespräche nach Venedig fahren. Außerdem zeigen wir im Vorarlberger Architektur Institut vai bis 6. Oktober die Ausstellung »Making of«, in der wir einen Blick hinter die Kulissen der Biennale werfen. < 03 / 18 living falstaff 81

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