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Falstaff Living Ausgabe 1/2018

design / INTERVIEW

design / INTERVIEW Kühne Architektur Ein spektakulärer Bau wird das Dawand Mountain Resort, das seit 2014 in China entsteht. Im Inneren finden sich Skipisten, Bäder, Eislaufplätze, Kino- und Theatersäle. > Hund. Daher nehme ich mir am liebsten gar nichts vor. Ich lasse die Dinge geschehen. Die wirklich großen und international bedeutenden Projekte haben Sie bislang im Ausland realisiert. Warum tut sich Coop Himmelb(l)au ausgerechnet in Wien so schwer? Wir haben einige großartige Projekte für Wien geplant, Wohnbauten, ein Hotel in Altmannsdorf, das Theater Ronacher, aber aus alledem wurde nichts. Wien ist eine sehr bequeme, komfortable Stadt, in der es sich gut leben lässt. Aber zugleich ist Wien auch eine sehr mittelmäßige Stadt, die sich nicht traut, Großes zu wagen und daher im Mittelmaß stecken bleibt. Wien ist eine Zwergpudelstadt. Was macht die Zwergpudelstadt zur Zwergpudelstadt? Zwergpudel sind liebe Tiere. Sie bellen ganz laut, aber sie beißen nicht. Oder, anders formuliert: Man kläfft das Problem an, aber beißt sich nicht wirklich an einer möglichen Lösung fest. Die Zwergpudelstadt ist für mich Ausdruck einer zunehmenden und früher oder später lähmenden Bürokratisierung. Tut es Ihnen leid, dass Wien noch nicht wirklich angebissen hat? Leid tut es mir nicht. Es ärgert mich. Ich würde gern ein bedeutendes Gebäude in Wien errichten. Zudem wäre ich in einer halben Stunde auf der Baustelle, so muss ich eben nach Frankreich, China und Saudi-Arabien fliegen. »Architektur muss schluchtig, feurig, glatt, hart, eckig, brutal, rund, zärtlich, farbig, obszön, geil, träumend, vernähernd, verfernend, nass, trocken und herzschlagend sein. Lebend oder tot. Wenn sie kalt ist, kalt wie ein Eisblock. Wenn sie heiß ist, heiß wie ein Flammenflügel. Architektur muss brennen.« Das haben Sie Ende der Siebzigerjahre gesagt. Was sagen Sie heute? Seele brennt Für Wolf Prix ist das Mocape- Museum in Shenzhen sein bislang bestes Projekt. Ich sage nach wie vor das Gleiche. Und das muss ich auch, denn bei jeder Radio- und Fernsehsendung werde ich gebeten, das Zitat vorzulesen! In welchem Projekt zeigt sich diese brennende Eisblock-Architektur am besten? Im Mocape-Museum in Shenzhen. Wenn ich das Foyer betrete, habe ich das Gefühl, in einem eiskalten und zugleich brennenden Raum zu sein. Ich glaube, dass das diesbezüglich unser bislang bestes, unser bislang stärks- Fotos: Duccio Malagamba, COOP HIMMELB(L)AU, Markus Pillhofer 76 falstaff living 01 / 18

tes Projekt ist. Dieses Haus ist das räumlich gewordene Haus von alledem, wovon ich in den Siebzigerjahren geträumt habe. So lange dauert es, bis in der Architektur ein Traum in Erfüllung geht! Nervt es, dass Sie nach fast 40 Jahren immer noch auf dieses Zitat angesprochen werden? Nein, das nervt überhaupt nicht. The Rolling Stones spielen auch noch immer »I can get no satisfaction«. Wo bekommen Sie Satisfaktion? Der glücklichste Moment ist, wenn ich nach Fertigstellung eines Gebäudes und nachdem es aufgeräumt und geputzt wurde, zum ersten Mal in seinem Inneren stehe, mich umblicke und den dreidimensionalen Raum inhaliere. Das sind die schönsten zehn Minuten im Leben eines Architekten. Die Freude hält nur zehn Minuten an? Ab der elften Minute denke ich bereits an das neue, an das nachfolgende Projekt. Blicken Sie gerne in die Vergangenheit zurück? Ich empfinde die Vergangenheit als Teil meiner ganz persönlichen Evolution. Vergangenheit ist wichtig. Dennoch bin ich ein eher positiv gestimmter, in die Zukunft blickender Mensch. Was wird uns die Zukunft bringen? Das Gute ist: Die Zukunft tritt nie so ein, wie man sie vorausgesagt hat. Das Schlechte ist: Ich male mir keine sonderlich schöne Zukunft aus. Und wie sieht diese unschöne Zukunft aus? Ich habe Angst vor der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung – und zwar nicht im Sinne des praktischen, alltagserleichternden Werkzeugs, denn in diesem Punkt erachte ich die neuen Technologien als sehr hilfreich, sondern im Sinne der omnipotenten Maschine, die für uns die Verantwortung übernimmt und unser Leben in Algorithmen kanalisiert. Der amerikanische Psychoanalytiker Erich Fromm hat einmal sinngemäß gesagt: Wer das Leben der Megamaschine überlässt, der hat eine gewisse Todessehnsucht. Was kann man dagegen tun? Nicht abhängig werden! Nicht die Selbstbestimmung aus der Hand geben! Ein Freund von mir ist Philosoph, und er sagt: Schon heute weiß man, dass all jene Leute, die die Verantwortung aus der Hand geben, in der Regel früher sterben als jene, die ein Leben in Selbstbestimmung und voller Verantwortung führen. Das sollte uns dringend zu denken geben. Aktuell überlassen wir unser Leben der Maschine FPÖ, und wenn die Dinge so weitergehen, dann haben wir früher oder später ein totalitäres Regime, das verlernt haben wird, was Demokratie ist. Davor habe ich große Angst. Es reicht ein Blick nach Oberösterreich, um zu sehen, dass sich die Kulturen und Künste in blauer Hand in die Vorkriegszeit rückentwickeln. Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung, die uns bevorsteht? »Das Gute an der Zukunft ist: Sie tritt nie so ein, wie man sie vorausgesagt hat. Das Schlechte ist: Ich male mir keine sonderlich schöne Zukunft aus.« WOLF PRIX Stararchitekt und Mitgründer von Coop Himmelb(l)au Monument für Brot Im oberösterreichischen Asten baute Coop Himmelb(l)au mit dem Paneum ein Museum zur Geschichte des Brots. Die größte Herausforderung wird sein, den gigantischen Migrationsstrom zu bewältigen, der ausbrechen wird, sobald die ersten asia tischen und pazifischen Inselländer und flachen Regionen im Zuge der Erderwärmung überschwemmt werden und sich dann nicht Zehntausende, nicht Hunderttausende, sondern Millionen und Abermillionen Menschen auf die Suche nach einer neuen Heimat begeben werden. Woran arbeiten Sie derzeit? An einem Wohnprojekt in Wien, an einem Wissenschaftszentrum in Saudi-Arabien und – was mich besonders freut – an einer sehr umfangreichen Slum-Sanierung in Mumbai. Das wird das ambitionierteste und bedeutendste Projekt meiner Laufbahn sein. Nach der Sanierung der Slums – und das ist mit dem Betreiber bereits fixiert – werden die Leute 15 Jahre kostenfrei wohnen können. Das ist ein sehr schönes, berührendes Projekt. Ein Jahresvorsatz für 2018? Ich möchte in Wien eine Landmark bauen. Am liebsten eine Schule. < 01 / 18 living falstaff 77

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