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essay WOLFGANG PAUSER AUSSTELLUNGS- R AUM KÜCHE Es gibt Küchengeräte, die man stolz herzeigt, und solche, die man lieber schamhaft verbirgt. Was gerade Schaustück ist und was bloß Utensil, wird vom Zeitgeist kuratiert. Seit 100 Jahren ist die Küche Austragungsort eines Kulturkampfs. Auf der einen Seite steht die Idee der Funktion, auf der anderen die Idee des Schönen. Einmal gewinnen Nützlichkeit, Arbeitsorganisation, Hygiene, Zeitersparnis und Ökonomisierung der Wege die Oberhand. Dann wieder obsiegen Ästhetisierung, Bedeutung, Ausdruck, Inszenierung, soziale Zugehörigkeit und Demonstrationen von Werthaltungen. Unmöglich ist, dass eine Seite die Alleinherrschaft übernimmt. Auch die schönste Küche muss funktionieren. Auch der radikalste Funktionalismus wirkt mit seinen reduzierten Formen betörend schön. Der ewige Ringkampf des Küchendesigns inszeniert eine Dialektik der Perspektiven. Die meisten Küchen bestehen aus geschlossenen Kästchen einerseits, offenen Regalen und Arbeitsplatten andererseits. Damit zwingen sie dem Benutzer die Entscheidung auf, welche Werkzeuge und Geräte erblickbar sein sollen und welche nicht. Aus funktionaler Perspektive wird man argumentieren, dass große Objekte wie Kaffeevollautomaten nur auf der Arbeitsplatte Platz finden und dass Regale jenen Dingen vorbehalten sind, die man häufig braucht und rasch zur Hand haben will. Aus ästhetischer Perspektive wird man erkennen, dass die Entscheidung über Sichtbarkeit und Verbergung auch eine kulturelle, demonstrative und inszenierende Dimension hat. Recht deutlich wird dies, sobald man auf die Küchenmoden der letzten Jahrzehnte zurückblickt. Im ersten Jahrzehnt der Grün- Bewegung eroberte sich ein riesiges Unding einen fixen Platz in der ersten Reihe der Arbeitsplatte: die Getreidemühle. Funktional diente sie der Zu bereitung des damals neuen Frühstücks einer Generation, die bald als »Müsli-Generation« in die Geschichte eingehen sollte. Das im Kern metallene Elektrogerät war außen mit dicken, hellen Naturholzbrettern ummantelt. Ihre Hässlichkeit war nicht ungewollt, sondern ein antiästhetisches Konzept. Wer seine innere politische Gesinnung nicht nur durch morgendlich verinnerlichte Körner, sondern auch in der sichtbaren Äußerlichkeit seines Wohnraums demonstrieren wollte, kam um die Anschaffung dieses Küchengeräts kaum herum. Wiewohl die Mühle von ihren Käufern als funktionale Maschine interpretiert wurde, gibt sie im Rückblick, insbesondere durch ihr Verschwinden, ihren primären Charakter als Schaustück und Bedeutungsmedium zu erkennen. Betrachtet man die Getreidemühle als Skulptur, kann man ihr die künstlerischen Qualitäten des Ästhetisch-Revolutionären kaum absprechen. In ihrer klobig hölzernen Gestalt verdichtete sie die Mythologien des (sterbenden) Waldes und der pflanzlichen Ernährung, des Korns mit »Betrachtet man die Getreidemühle als Skulptur, kann man ihr die künstlerischen Qualitäten des Ästhetisch-Revolutionären kaum absprechen.« Fotos: beigestellt 90 falstaff LIVING 04 / 19
seinem unschuldig guten Entfaltungspotenzial und der Designverweigerung als prinzipielle Abkehr von Kultivierung und Zivilisation. Die rohe Holzoberfläche machte das Gerät zum Artefakt eines Naturbegriffs, der jedes Eingreifen des Menschen in die Natur ablehnte, zumindest dem Prinzip nach. An einem solchen Gesinnungsstandbild zeigt sich, dass die Küche nicht nur Werkraum, sondern auch Schauraum für Kultobjekte ist. Nach einigen Jahren wurde die Mühle in eines der Hängekästchen verräumt, möglichst hoch oben, wo man ohnehin niemals hingreifen muss, und dort neben dem stromlinienförmigen Plastik-Mixer der 1950er-Jahre, der kupfernen Fondue-Vollausstattung der 1960er-Jahre und dem irdenen Römertopf der 1970er- Jahre geparkt. Auch Museen bestehen aus Lagerräumen und Schauräumen. Kuratoren bestimmen, welche Objekte gerade ausgestellt werden. Sie wählen diese oft nach dem Prinzip, Themen der Gegenwart interpretieren und illustrieren zu wollen. Ähnlich funktioniert die Ästhetik moderner Küchen. An den frei gewordenen Platz der Mühle rückte alsbald eine neue Skulptur nach: der Messerblock. Auch er imponierte mit Größe und Vollholz. Seine Botschaft jedoch war der seines Vorgängers entgegengesetzt. Mit seinen vielen unterschiedlichen Messern wollte er nicht vereinen, sondern differenzieren, nicht vergröbern, sondern verfeinern. Zur technischen Aneignung und Zurichtung der Natur für den Menschen nahm er würdigend Stellung. Die Avantgardisten seiner Zurschaustellung in den 1980er-Jahren outete er als Yuppies. Seine feinmasrig glatte Holzoberfläche verwies nicht zurück auf ihren natürlichen Ursprung, sondern nach vorne auf die Utopie einer problemlos gelingenden kapitalistischen Konsumgesellschaft. Wer benötigt bis zu 16 verschiedene Messer in Griffweite neben dem Herd? Der Chefkoch eines Gourmetrestaurants! Sein Überaufgebot an Schneidwerkzeugen in private Küchen zu übernehmen, hatte die symbolische Funktion, sein Image männlicher Professionalität und Technik dem häuslichen Kochen als neuen Deutungsrahmen überzustülpen. Die damals schon fortschreitende Frauenemanzipation hatte diesen Imagetransfer nötig gemacht. Kochen war noch stark mit dem Bild der Hausfrau verbunden. Als immer mehr Männer zu kochen begannen, war ihnen das traditionelle Image des verweiblichten Pantoffel helden unangenehm. Ebenso fanden es die berufstätigen Frauen nicht mehr passend, nur weil sie kochten, in die alte Rolle des Heimchens am Herd schlüpfen zu müssen. Mit dem Messerblock als Chef-Zitat ließ sich der private Küchenraum in einen Professionalitätsraum verwandeln. Diese »Der aktuelle Küchentrend ist das genaue Gegenteil dieser ›Küche zum Kochen‹. Wir sehen wieder glatte Blöcke, in denen – wie bei Omas Einbau küche – alles Gerät zu verschwinden hat.« DR. WOLFGANG PAUSER war in den 1990er-Jahren Kolumnist für DIE ZEIT. Seitdem analysiert er Produkte aus kultur - wissenschaftlicher Perspektive im Auftrag von Unternehmen und Agenturen. symbolische Vermänn lichung des Kochens kam den Bedürfnissen beider Geschlechter entgegen. Heute wird diese schräge Holzskulptur immer seltener gesichtet, da ihr metallenes Innenleben mit der Kultur des Fleischessens assoziiert wird. Das nunmehr allzu maskuline Arsenal wurde von Scham befallen. Vom Ausstellungsraum ist es in die Versenkung der Besteckladen verschwunden. Das Buch »Küche zum Kochen« erschien 1982. Otl Aicher, Mitbegründer der Ulmer Hochschule für Gestaltung, wandte sich gegen die »Einbauküchen mit den gelackten Fronten« und forderte offene Regale mit sichtbaren »Steingutschüsseln und Blechtöpfen anstelle von Plastikgeschirr«. Geschlossene Schränke verdächtigte er, in großmütterlicher Tradition ri gider Ordnung und demons tra tiver Säuberlichkeit zu stehen. Seine Rebellion zielte auf eine Totali sierung des Funktionierens, aufklärerische Rationalität und Transparenz ohne dunkle Hinterbühnen vordergründiger Insze nierungen. Der aktuelle Küchentrend ist das genaue Gegenteil dieser »Küche zum Kochen«. Wir sehen wieder glatte Blöcke, in denen – wie bei Omas Einbauküche – alles Gerät zu verschwinden hat. Doch sie zielen nicht mehr auf Ordnung und Sauberkeit als bürgerliche Tugenden, sondern wollen selbst zu sakralen Skulpturen werden, die im Kontext des Wohnraums gar nicht mehr an ihre Kochfunktion erinnern, obwohl sie diese perfekter denn je erfüllen. Otl Aichers offene Küche und die total geschlossenen Blöcke von heute haben gemeinsam, das Wechselspiel von Ausstellen und Verbergen abschaffen zu wollen. Doch weder die totale Funktionalisierung noch die totale Ästhetisierung schaffen es, einander loszuwerden. Wir kochen weiter auf steiner nen Altären und kontemplieren die Design-Ikonen des Funk ti o nalismus. 04 / 19 LIVING falstaff 91
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