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WOLFGANG PAUSER ESSAY KULTOBJEKT SONNE Der Sommer ist mehr als eine Jahreszeit, die Sonne mehr als die natürliche Quelle von Wärme und Licht. Gemeinsam versprechen sie uns Freude und Sinnlichkeit. Wie gelingt es ihnen, dieses Versprechen zu halten? F ür Sommergäste aus Wüstenzonen gibt es in Mitteleuropa kein schöneres Urlaubsvergnügen als Starkregen. Wer am Äquator zu Hause ist, hat vom Sommer weder Begriff noch Erfahrung, denn Sonne und Hitze sind dort alltäglich. Ob man den Sommer mit Sonne verbindet, hat geografische Voraussetzungen, aber nicht nur. Es bedarf kultureller Zuschreibungen, wenn aus dem Naturphänomen Sommersonne eine kollektive Sehnsucht, eine ganzjährige Zukunftsperspektive und ein Tourismusmagnet werden soll. Sonnenkulte gab es lange, bevor Ende des 19. Jahrhunderts der »Urlaub« als bezahlte Arbeitspause erfunden wurde. Die Sumerer, Babylonier, Chinesen und Azteken erblickten in der Sonne ebenso ihren Gott wie die antiken Griechen, Römer und Germanen. Als Objekt eines Kults begleitet die Sonne uns Menschen seit Jahrtausenden rund um den Globus. Sie tut es bis heute, in modernisierter Form. Auch wenn wir die Sonne nicht mehr für göttlich halten, »Sommer ist, worauf die Zeichen des Sommers verweisen. Sie halten ihn präsent, wenn er am weitesten weg ist und wir seiner am meisten bedürfen.« sind wir Sonnenanbeter geblieben. Nicht im Tempel, aber doch am Strand. Mitunter sogar im Solarium. Der Sommer mag kosmologisch eine Jahreszeit sein, in unserem Alltagsleben ist er treffender als Kulturphänomen charakterisiert. Es handelt sich um einen temporären Lifestyle, der sich in einer Vielzahl von Praktiken, Produkten, Bildern und Zeichen manifestiert. Längst haben sich die Repräsentationen des Sommerkults von ihrer ursprünglichen Zeitspanne gelöst und übers Jahr verstreut. Strandpostkarten zieren Kühlschränke und Pinnwände. Sonnenbrillen finden zur Winterszeit als Haarreifen Verwendung. Kabrios werden in Weltgegenden gekauft, die nur zehn Sonnentage pro Jahr verzeichnen. Sommer ist, worauf die Zeichen des Sommers verweisen. Sie halten ihn präsent, wenn er am weitesten weg ist und wir seiner am meisten bedürfen. Als Arbeitstrost, Seelenwärmer und Hoffnungsspender. Allemal gilt: Der nächste Urlaub kommt bestimmt! Weil die Sommersonne im Norden ein knappes Gut ist, konsumieren wir so gerne Waren, die wir bräuchten, wenn wir im Süden wären. Frieren uns im April in Flipflops die Zehen ab, als könnten wir mit derlei Opferhandlungen den Sonnengott bestechen, sich unserer frierenden Seelen ein wenig früher als sonst zu erbarmen. Vor den Cafés werden Tische auf die Straße gestellt, sobald nur der Schnee weg ist. Sommer scheint – unter anderem – eine heldenhafte Haltung, mehr Fotos: beigestellt 68 falstaff living 03 / 17
»Das ganze Jahr sehnen wir uns nach der Sonne des Sommers, kaum ist sie da, klagen wir, sie sei zu heiß.« DR. WOLFGANG PAUSER war in den 1990er-Jahren Kolumnist für DIE ZEIT. Seitdem analysiert er Produkte aus kulturwissenschaftlicher Perspektive im Auftrag von Unternehmen und Agenturen. noch ein heiliges Prinzip zu sein, das jeder Temperatur zu trotzen vermag. So, wie die Sonne Objekt eines Kults ist, inszeniert sich der Sommer als nahezu ganzjähriges Theater. Die Wintersonne kann Sehnsucht nach Skiurlaub wecken, der Sommersonne ist vorbehalten, ein universales Versprechen von Sinnlichkeit, Körperlichkeit und Erotik in unsere Köpfe zu montieren. Dass sie es Jahr für Jahr einlösen kann, dankt sie der Kleidung. Unabhängig von jeweiligen Moden, reagiert diese auf wechselnde Außentemperaturen mit mehr oder eben weniger Bedeckung der Haut. Die stärker werdende Sonne entblößt unsere Körper, lässt uns auf unschuldige Weise einander Haut zeigen. Weil Nacktheit als Chiffre des Sexuellen gilt, erhält die sommerliche Annäherung an diesen paradiesischen Naturzustand eine erotische Konnotation. Wenn die Temperaturen steigen, fallen die Hüllen. Schlüsselreize der Intimität werden öffentlich und ziehen interessierte Blicke auf die Körper. Das macht den Sommer – auf metaphorischer Ebene – zur sexuellsten unter den Jahreszeiten, auch wenn der Wunsch, sich die Kleider vom Leibe zu reißen, bloß der klimatischen Erhitzung entsprang. Von der Funktion des Wärmens befreit, wird Kleidung im Sommer zur Dekoration oder, wie im Falle des Tangaslips, zum bloßen Zeichen, auch im nackten Zustand als bekleidet und damit als nichtsexuell-sittlich interpretiert werden zu wollen. In der warmen Jahreszeit erhöht sich die Anzahl der Reize, denen die Haut ausgesetzt ist. Sie spürt Luftzug, Oberflächen, Sonnenwärme und Körperberührungen, weiß sich hauthungrigen fremden Blicken ausgesetzt. Der dem Sommer zugeschriebene Begriff Sinnlichkeit verbindet wie ein Scharnier seine beiden Bedeutungen Sinneswahrnehmung und Begehren zum Summerfeeling, zum sonnigen Lebensgefühl. In unserer Sommerkultur wird die Sonne interpretiert, als wäre sie sinnstiftend an die Haut adressiert und als wäre auch umgekehrt die Haut an die Sonne adressiert. Die natürliche Reaktion der Haut, sich durch Pigmentierung vor Sonnenstrahlen schützen zu wollen, deuten wir um in ein Zeichen der lustvollen Öffnung zum Sonnenempfang. Bräune gilt als Dokument eines geglückten Rendezvous mit der Sonnengöttin, bei dem es zu unmittelbarem Hautkontakt kam. Das relativ junge Wissen um die destruktive Wirkung jedes Mini-Sonnenbrands hat zwar das Bräunungsverhalten deutlich gemäßigt. Die Zuschreibung unserer höchsten Werte Natürlichkeit und Gesundheit ist der gebräunten Haut jedoch erhalten geblieben. Der kulturelle Code ist stärker als die medizinische Einsicht. Wir brauchen die Bräune als Zeichen, dass wir uns die Sommersonne angeeignet haben. Ihre Spur auf der Haut ist das beste Souvenir aus dem Süden, der augenfälligste Beweis, dass wir uns Urlaub und Freizeit leisten und gönnen konnten. Kulturelle Bedeutungen wurzeln in Traditionen und wandeln sich langsamer als Praktiken. Das Paket Sommer, Sonne, Süden wurde in den 1950er- bis 1980er-Jahren geschnürt und standardisiert. Es stand in scharfem Kontrast zum Rest der Zeit. Arbeitsjahr und Jahresurlaub bildeten ein duales System, in dem der norditalienische Strandurlaub als Sinn und Zweck aller Arbeit erscheinen konnte. Man packte die Koffer aufs Dach des Volkswagens und zog über die Autobahn in den sonnigen Süden. Dort legte man sich drei Wochen lang ruhig auf den Sandboden, als ob man die Nichtarbeit demonstrieren müsse. Zugleich huldigte man einem Produktionsziel, dem Braunwerden. Ohne täglichen Sonnenschein und ein entsprechendes Bräunungsergebnis wäre der Urlaub kein richtiger Urlaub gewesen. Diese Ära ihrer höchsten Bedeutung ist für die Sommersonne schon lange vorbei. Das Thema Ozonloch hat die Tiefenbräune in Misskredit gebracht und der Sonnenschutzindustrie einen Boom beschert. Wer heute Sonnenhunger verspürt, braucht nicht mehr auf den Sommer zu warten, sondern bucht einen Weitstreckenflug. Der klassische Sommerurlaub am Stück findet immer weniger Anhänger. Viele Kurzurlaube, übers Jahr verstreut, haben ihn abgelöst. Seit Urlaubsbräune im Solarium simulierbar ist, hat sie ihr Sozialprestige verloren. Reisen ist Alltag geworden, für viele auch Teil des Berufs. Fremde Länder sind nicht mehr so fremd, seit Globalisierung die Unterschiede eingeebnet hat. Wir haben nicht nur unsere Kultur exportiert, sondern auch Urlaubsszenarien aus aller Welt importiert. In urbanen Zentren gibt es nun künstliche Strände mit Sandbeschüttung, Topfpalmen und Liegestühlen. Fremdländische Küchen sind unsere Alltagskost. Das ganze Jahr sehnen wir uns nach der Sonne des Sommers, kaum ist sie da, klagen wir, sie sei zu heiß. Der reale Sommer stört sein kulturelles Konstrukt, seine Vision. Sommersonne genießt man am besten im Schatten beim Betrachten von Yachten in einem Lifestylejournal. 03 / 17 living falstaff 69
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03 03 INHALT 03/2017 20 Es ist nich
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