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spezial / ESSAY ECHT NUR MIT HANDPUMPE Die britische Braukultur ist ungefähr so alt wie die University of Oxford, aber bei Weitem nicht so kompliziert. Viel eher ist sie etwas wie eine Glaubensfrage um das ideal gezapfte »Real Ale«. Um englisches Ale schätzen zu lernen, muss man in ein englisches Pub gehen. Nein, nicht in eines der Irish Pubs, die es auch bei uns gibt. In ein traditionelles englisches Pub muss man gehen. Eines, wo Real Ale gezapft wird. Mit der Handpumpe direkt aus dem Keller. Ohne Schaum. Aus bis an den Rand gefüllten Gläsern. Von den Engländern meint man zu wissen, dass sie beim Essen und Trinken ein wenig, nun ja, rückständig sind. Okay, dieses Vorurteil hat immerhin einen wahren Kern. Und dieser Kern ist das englische Pub, das sich so ganz anders ent wickelt hat als die Gastronomie im deutschsprachigen Raum. Und erst recht das Ale, jenes obergärige Bier, das mit unserem Bier so wenig gemeinsam hat. Stolze Briten führen die Geschichte ihres Biers und ihrer Pubs auf die Römerzeit zurück. Und in Nottingham rühmt sich »Ye Olde Trip to Jerusalem«, ein Pub unterhalb der Burg, schon 1189 die Teilnehmer des dritten Kreuzzugs vor ihrem Aufbruch ins Heilige Land beherbergt zu haben. Historiker halten es für wahrscheinlicher, dass das Lokal erst 500 Jahre später beim Neubau der Burg errichtet wurde, aber das ficht einen überzeugten Traditionalisten nicht an. Wer sich der Tradition verpflichtet fühlt – und das haben Biertrinker in den meisten Ländern gemeinsam, auch wenn sie unterschiedliche Traditionen hochhalten –, wird darauf bestehen, dass die Dinge so bleiben müssen, wie sie sind. Und dass ihr Bier schon immer so gewesen sei, wie es heute ist. Weshalb man es gegen allerlei Neuerungen verteidigen müsse. Für die 160.000 Mitglieder der 1971 gegründeten Campaign for Real Ale (CAMRA) ist das eben die Verteidigung jener als »echt« deklarierten Ales, die vor fünf Jahrzehnten von Lagerbieren und pasteurisierten Ales verdrängt wurden. Das sind genau jene Biere, über die hierzulande die größten Missverständnisse herrschen – und ein paar Missverständnisse herrschen denn auch auf der Insel. Das größte dieser Missverständnisse besteht in der Annahme, dass die Real Ales, die in den traditionellen Pubs ausgeschenkt werden, eine jahrhundertealte Geschichte hätten. Schaut man sich die britische Biergeschichte genauer an, dann stößt man auf die Tatsache, dass die wackeren Vorfahren der heutigen Engländer zwar mindestens seit der Römerzeit vergorene Getränke auf Getreidebasis hergestellt und getrunken haben, dass diese frühen Ales aber doch deutlich anders waren als das, was man heute erhält, wenn man ein Pint bestellt. Zunächst ist festzuhalten, dass das Braugewerbe im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen England von Frauen ausgeübt wurde: Alewifes waren an ihren spitzen Hüten erkennbar, sie steckten einen Besen in ein Loch in der Haustür, wenn ein Sud fertig vergoren war, und um die Getreidevorräte im Haus frei von Ratten und Mäusen zu halten, hatten sie stets Katzen um sich – kein Zufall, dass sie damit ziemlich genau dem Bild entsprachen, das man heute bei Hexenkostümen heranzieht. Sie betrieben ein Geschäft mit berauschenden Fotos: Marx Memorial Libra / Mary Evans / picturedesk.com, Beertastic Machacek 72 falstaff
CONRAD SEIDL Autor und Jour nalist, schon lange als »Bierpapst« und Experte in Sachen Hopfen bekannt, präsentierte er 2013 die TV-Serien »Bier on Tour« und 2018 die erste Staffel von »Beertastic«. ren demnach im selben Jahr – gemeint ist 1524 – nach England gekommen, und mit ihnen gehopftes Bier! Kent wurde zum Zentrum des Hopfenbaus – und mitten in dieser Hopfenlandschaft, in Faversham, lässt sich die Entwicklung des heutigen Ales gut nachzeichnen: Hier wurde das Eigentum an den Brauhäusern ab dem späten 15. Jahrhundert den männlichen Hausbesitzern zugeordnet, auch wenn oft noch die Ehefrauen das Handwerk ausübten. Englands älteste Brauerei, Shepherd Neame mit dem offiziellen Gründungsdatum 1698, hat ihre Wurzeln in der Brauerei der Favershamer Familie Castlocke, die schon 150 Jahre davor an diesem Ort gebraut hatte. Gehopfte Ales waren – und sind es im bes ten Fall noch heute, denn nur dann nennt man sie Real Ale – unfertig, wenn sie die Brauerei verlassen haben: Der Brauer bereitet einen Sud, kühlt ihn und versetzt ihn mit der traditionell obergärigen Hefe. Nach drei Tagen Hauptgärung wird in Fässer abgefüllt, da kommt dann noch Hausenblase als Schönung dazu und allenfalls auch noch weiterer Hopfen, und dann ab in den Keller des jeweiligen Pubs. Tatsächlich war es auch auf dem europäischen Kontinent Getränken – wie Gärung verläuft, war noch unerforscht: Hexerei! Oder es gelang der einen »Brewster« gut, der anderen schlecht – Teufel auch! Und die Biere dieser Brauerinnen waren nicht mit Hopfen, sondern mit allen möglichen Kräutern (wilde Erika dürfte in England sehr oft in dieser »Guit« genannten Mischung dabei gewesen sein, ebenso Beifuß und Schafgarbe) gewürzt und für unseren heutigen Geschmack wohl zu süß. Die Traditionalisten des späten Mittelalters dürften importierte Biere aus deutschen Hansestädten sehr wohl gekannt haben, aber im eigenen Bier? Als »a wicked and unwholesome weed called hoppe«, also als böses und ungesundes Unkraut wurde Hopfen unter der Regentschaft Heinrich VIII. (1509–1547) bezeichnet – der König hielt Hopfen nämlich irrtümlich für ein Aphrodisiakum, das im Ale nichts verloren hätte. Aber die Neuzeit bahnte sich zum Schrecken der Aletrinker ihren Weg auch ins traditionsbewusste England: »Turkeys, heresy, hops and beer / came into England all in one year« hieß es dann. Die reformatorischen Schriften Luthers, die ersten aus Amerika eingeführten Truthähne und aus Flandern mitgebrachte Hopfensetzlinge wäbis weit ins 19. Jahrhundert üblich, dass die Biere beim Wirt ausreiften; man sieht es auf alten Wirtshausschildern, auf denen »gepflegte Biere« angepriesen werden. Es handelte sich zunächst wohl noch um wesentlich dunklere Biere als heute – die indirekte Feuerung der Malzdarren, um hellere Malze zu erzeugen, war noch nicht erfunden. Aber das machte nichts, denn das Bierglas, wie wir es heute kennen, gab es ja auch noch nicht. Preiswertes Pressglas wurde erst ab 1800 erfunden, und Traditionalisten tranken Ales, Porters und deren kräftige Version Stout Porter auch danach noch lange aus Ton- oder Metallkrügen, in denen man die Farbe des Bieres nicht erkennen konnte. Der Dichter George Orwell, Autor von »1984« und »Animal Farm«, lobte noch 1946 den Porzellankrug als ideales Biertrinkgefäß und klagte, dass dieser damals schon seit Jahrzehnten aus der Mode gekommen war. Was das Bierglas vom irdenen Gefäß übernommen hat, ist die Eichung auf den Rand: Ein voller Ton- oder Porzellankrug fasst eben 0,5683 Liter – ein Imperial Pint –, daher werden auch die Biergläser bis zum Rand gefüllt. Unser Vorurteil besagt, dass englisches Ale keinen Schaum habe – aber das trifft nur auf Pubs im Süden zu, im Norden der Insel will man durchaus Schaum. Aber nur jenen, der oberhalb des Glasrands steht. Was entsprechende Zapfkultur voraussetzt. Diese wiederum bedarf einer Einrichtung, die die CAMRA-Traditionalisten vehement verteidigen: die Beer-Engine, die 1797 erfunden wurde. Es handelt sich um eine Handpumpe, mit der das Bier aus den im kühlen, aber nicht kalten Keller des Pubs gereiften Fässern direkt ins Glas gepumpt wird. Ein gepflegtes Ale sollte völlig blank sein (der Effekt der Hausenblase, die die noch vorhandene Hefe auf den Grund des Fasses niederschlägt), wenig Kohlensäure, aber viel Aroma haben. Und das gibts nur in den echten englischen Pubs. < falstaff 73
SPEZIAL S O N D E R A U S G A B E C
HERAUSGEBERBRIEF BIERVIELFALT FÜR
THALHEIMER BIER IST EIN EINZIGARTIG
falstaff 7
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IN BUDWEIS GEBRAUT, VON KENNERN GES
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Hungrig auf echt? Auf Geschmack, de
NOTIZEN JAPANER ERFINDEN SCHAUM-BIE
India Pale Ale, ein im 18. Jahrhund
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