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Bier Special 2022

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ier / ESSAY DIE LAGE DER

ier / ESSAY DIE LAGE DER NATION IN CRAFT BEER LANDS Es war eine aufreibende Zeit, auch Craft-Beer-technisch: Die Stile der hopfigen Tageskarte haben gewechselt wie die Unterhosen, Social Media wuchs, Print verschwand. Gespräche über Bier, das Menschen verändert zu haben scheint. Das Phänomen war dem Gin recht ähnlich. Innerhalb kürzester Zeit, quasi über Nacht schien es, als seien alle Freunde zu vermeintlichen Brennern oder Brauern geworden, jede Badewanne war mit einem anderen Getränk befüllt und die Fachsimpelei befand sich vor rund fünf Jahren am Zenit. Im Blick auf Gin können wir getrost behaupten, dass sich die Furore etwas gelegt hat, so der Absatz infolge geschlossener Bars stagniert ist. »Craft Beer«, also handwerklich gebrautes Bier, hat die Krise weniger betroffen, wobei man hier vom Glück im Unglück sprechen könnte. Die Pandemie und die damit einhergehende gastronomische Krise hat Craft Beer somit weniger dramatisch getroffen als so manche Spirituosen. Das liegt daran, dass schon relativ früh eine Spaltung jener Bars, in denen handwerklich gebrautes Bier verkauft wurde und solchen, die auf der klassischen Schiene fuhren, entstanden ist. So passiert es, dass in Berlin, wer eine klassische High-End-Bar aufsucht, eben in das Neuköllner »Velvet« oder ins »Becketts Kopf« am Prenzlauer Berg geht, und wer eine phänomenale Auswahl an Brauspezialitäten sucht, nun einmal zu »Brlo« am Park am Gleisdreieck oder ins »Muted Horn«. Und dabei ist es keinesfalls so, dass es im »Velvet« kein artisanales Bier und im »Muted Horn« keinen Wein oder keinen Cocktail gäbe. Gibt es sehr wohl, bloß unterscheidet sich die Meute der Trinkenden voneinander. Ob nun Henne oder Ei, dies führte dazu, dass sich die Gastronomie extrem aufzusplitten begann, da waren die ernst zu nehmenden artisanalen Bierbars und da waren Orte für Cocktails und Wein. 78 falstaff

JULIANE EVA REICHERT Die in Berlin lebende Journalistin hat ein exzellentes Gespür für Trends und ist immer auf der Suche nach neuem Foodund Trinkvergnügen. Illustration: Gina Müller/carolineseidler.com Foto: Renate Reichert Schade eigentlich, dass wir so schlecht geworden sind darin, gemeinsam zu trinken. GETRÄNK MIT FANGEMEINDE Wir haben mit Frank Dahlmann, dem Hamburger Journalisten gesprochen, der für brand eins schreibt und als Craft-Beer-Influencer auf Instagram unter »Craftprotz« unterwegs ist. Wir haben Tacheles geredet: »Bier, Bars & Brauer«, das Berliner Bier- Magazin über Craft Beer, gibt es nicht mehr, Meiningers »Craft« ist jüngst eingestellt worden. Hat Craft Beer ausgedient, oder ist Print einfach nicht das geeignete Medium und funktionieren Instagram, Podcasts oder ähnliches besser? Weder noch: »Corona hat gerade auch die Printbranche hart getroffen, da Anzeigenkunden eher zögerlich Werbung geschaltet haben. Für Magazine, die einen großen Teil ihrer Einnahmen aus Anzeigenerlösen erwirtschaften und ihre Auflage durch Laufkundschaft generieren, kann das fatal sein. Wer kein finanzielles Polster hat, geht schnell unter. Was schade ist. Instagram, Podcast und online funktioniert super, was die Reichweite angeht, aber selten als Geschäftsmodell.« Was also ist aktuell los mit der Craft-Beer- Szene? Hat sie die Bierindustrie langfristig angekurbelt? Gespalten? Exklusiver gemacht? Für ein breiteres Klientel geöffnet? Dazu Dahlmann: »Es hat die Bierindustrie verändert und einen neuen Zweig aufgemacht. Allerdings ist die Veränderung nicht so groß, wie Leute aus der Szene gern denken mögen. Es ist eher die Kombination aus sinkendem Absatz und etwas Neuem, was den Ausfall aber bisher nicht ersetzen kann. Der wirtschaftlich stärkere Trend ist da eher HAT MAN ERST MAL DAS LAND VON CRAFT BEER BETRE- TEN, FÜHREN WE- NIG WEGE HINAUS. die Welle an alkoholfreien Bieren. Schön zu sehen ist, dass sich die kleinen Craft-Brauer trotzdem halten, sich entwickeln können und eine treue, wenn auch kleine, Fangemeinde bekommen.« »VERSAUT FÜRS LEBEN!« Nun ist es natürlich blöd, wenn man einmal angefangen hat mit dem artisanalem Kram. Geht vermutlich auch Brötchenessern so, die während der Pandemie auf Sauerteig gekommen sind. Man wird es nicht mehr los. Lorenzo Dabove, der italienische Bier-Journalist bestätigt, dass sich die Standards verändert haben. Gerade der Erfolg des »Craft« in den letzten Jahren habe dazu geführt, dass inzwischen auf gängige Stile gesetzt würde, wie etwa Lager: »Überhopfen kann jeder«. Und es stimmt, das Spektrum war groß: Von Melone und Ananas über Hanf, anderes Hanf, zu Leder oder Schokolade war alles dabei, Braufehler waren leicht zu vertuschen. Darum steht in Italien derzeit Craft-Lager hoch im Kurs. Matthias Bazant, ehemaliger Brauer bei etwa Crew Republic, erzählt, weshalb käsige, krautige oder metallische Geschmäcker ins Bier kommen: Und es sind keine guten Wege, die sie dorthin führen, so viel sei gesagt; bemerken tut das in der Regel keiner, der nicht gerade Brauer ist. Im Gegenteil – hat man einmal das Land von Craft Beer betreten, führen dort wenig Wege hinaus. Kann Dahlmann bestätigen: »Man ist versaut fürs Leben!« Nun ist es ja aber so, dass der Zenit des Craft-Beer-Markts überschritten ist. In den vergangenen Jahren hat man viele kommen, beinah mehr aber noch gehen sehen. Gibt es Vorzeigebeispiele? Dahlmann ist ein Freund von Fürst Wiacek: »Die haben eine tolle Entwicklung genommen und mit ihrer neuen, eigenen Brauerei sicher ein Zeichen gesetzt. Meinen Glückwunsch! Wie BRLO oder Überquell auch soziale Themen besetzen, finde ich großartig. Sie definieren sich als Teil der Gesellschaft oder des näheren Umfeldes, zum Beispiel gerade St. Pauli, und das ist sicher der richtige Weg. Dass das auch marketinggetrieben ist, nehme ich dabei gern in Kauf. Ich mag auch diese leicht schrullige Expansion von Omnipollo und wie Maximilian Marner es geschafft hat, deren Bar in Hamburg wieder zum Laufen zu bekommen. Das ist sehr nischig – aber zauberhaft.« Und wohin jetzt, auf ein Bier? Nach Kopenhagen, vermutlich. »Bei all der auch berechtigten Kritik: das Mikkeller-Festival war großartig. Es versammelt die Szene wie kein zweites. Und die ganze Stadt lebt Craft Beer – an jeder Ecke. In Deutschland fühle ich mich in Cihans Wohnzimmer, der ›Biererei‹, nach wie vor zu Hause.« Die Lage der Nation des Craft Beers daher: angekommen. < falstaff 79

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